Oper in Odessa "Die Waffen der Musiker sind Instrumente"
In die ukrainische Hafenstadt Odessa kehrt das Leben zurück. Auch das Opernhaus hat den Betrieb wieder aufgenommen. Für die Künstler eine Form des Widerstands gegen die russischen Invasoren.
Probe im Opernhaus von Odessa - eines der Wahrzeichen der Stadt am Schwarzen Meer. Vor einer Woche erst wurde es wiedereröffnet. Aber noch immer schützen Sandsäcke das neobarocke Gebäude im Zentrum der Hafenstadt.
Oper und Ballett trotz Krieg. Für die Musiker auch eine Art des Widerstands gegen den russischen Angriffskrieg, sagt Sergej: "Die Stadt lebt wieder auf - sogar in dieser schweren Zeit. Und die Waffen der Musiker sind unsere Instrumente. Wir versuchen unseren Teil zum Sieg beizutragen."
Der scheint in diesen Tagen weit entfernt. Viele Regionen der Ukraine werden aktuell mit Raketen angegriffen. Und vor Odessa blockiert die russische Schwarzmeerflotte das Meer, der einst wichtigste Industriehafen des Landes steht still.
Schutzkeller für Künstler und Publikum
Und immer wieder gibt es Luftalarm. Dann müssen die Proben und Aufführungen in der Oper unterbrochen werden. So auch dieses Mal. Dirigent Igor Tschernezkyj führt in den Schutzkeller: "Vorbereitet für viele Leute, es gibt frische Luft und Wasser für alle", sagt er.
Damit im Notfall alle in den Schutzkeller passen, dürfen zurzeit nur 400 Gäste kommen. Obwohl das Opernhaus für über 1000 Menschen Platz hat. Und welche Stücke gespielt werden, hängt von den verfügbaren Künstlern ab. Viele haben die Stadt verlassen.
Die anderen trotzen dem Krieg und sitzen während der Proben immer wieder mit Mechanikern, Tontechnikern und Kassierern zusammen im Schutzkeller. Ballerina Kateryna Burdik sagt: "Es ist auch für mich ein schwieriges Thema zu tanzen, wenn unsere Soldaten nicht weit entfernt sterben. Das ist schwierig, ich habe dazu eine ambivalente Haltung."
"So eine Freude"
Wenn es möglich ist, dann spielt das Ensemble auch vor Soldaten. Das würde die Truppe moralisch unterstützen, davon sind sie überzeugt. Die Front ist nur etwa 100 Kilometer entfernt, aber das Opernhaus kämpft in Odessa auch darum, die ukrainische Kultur zu bewahren.
Währenddessen sammeln sich in der Eingangshalle erste Gäste. Unter ihnen die 80-Jährige Klawdija."Es ist so eine Freude, wieder ins Theater zu gehen. Ich will mich ausruhen. Ich habe die Nase voll von diesem Krieg. Ich bin aus Odessa, die Leute hier sind so. Wir werden sie alle schlagen und Putin kriegt eins auf die Mütze", sagt sie.
Aufführung unter Raketen
Doch der russische Präsident lässt zurzeit vermehrt Raketen auf viele Regionen in der Ukraine abschießen. Und so muss auch diese Vorführung wegen Luftalarm unterbrochen werden. Trotz Schutzkellers strömen viele Menschen nach draußen in die Sonne - so auch Musiker Sergej: "Es ist Krieg. Was soll man machen? Der Job hat seine Tücken, aber wir machen die Menschen glücklich", sagt er.
Aber ist es nicht gefährlich, jetzt auf der Straße zu sein? Sergej will gerade antworten, es sei ja überall gefährlich. In diesem Moment fängt die ukrainische Flugabwehr eine Rakete ab, die Odessa treffen sollte.
Verletzt wird niemand und auch die Menschen vor der Oper reagieren mit erstaunlicher Gelassenheit. Nach etwa einer halben Stunde machen Musiker und Publikum das Einzige, was ihnen übrigbleibt - weiter.