Polnische Politiker über Deutschland "Für uns eine große Enttäuschung"
Führungsschwach, träge, wortbrüchig: Polnische Politiker sparen in diesen Tagen nicht mit Kritik am Ukraine-Kurs der Bundesregierung. Präsident Duda wirft Deutschland zudem vor, Polen Panzer zu schulden.
Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos nutzt Polens Staatspräsident Andrzej Duda die Bühne der Weltöffentlichkeit für einen Angriff auf die deutsche Regierung. Es geht um Panzerlieferungen, die Deutschland Polen in Aussicht gestellt habe - als Kompensation für Panzer, die Polen an die Ukraine abgetreten hat.
"Wir wären sehr dankbar, wenn unsere deutschen Verbündeten uns mit Panzern unterstützen würden - als Ausgleich für die Panzer, die wir an die Ukraine abgegeben haben", sagte Duda. "Wir hatten ein solches Versprechen. Wir hören, dass die Deutschen dieses Versprechen nicht einhalten wollen, das ist für uns eine große Enttäuschung."
Der nach polnischer Darstellung geplatzte Ringtausch ist nur ein Beispiel für die Kritik von polnischen Spitzenpolitikern am Ukraine-Kurs der Bundesregierung. Bereits kurz nach Kriegsbeginn war es Ministerpräsident Morawiecki, der sich entsetzt zeigte über die deutsche Lieferung von 5000 Helmen an die Ukraine. "5000 Helme? Das muss ein Witz sein", entfuhr es ihm damals.
Für viele war Deutschland lange ein Vorbild
Gerade für den liberalen, westeuropäisch orientierten Teil Polens war Deutschland lange Zeit ein großes Vorbild. Ein wirtschaftlich und - je nach Sichtweise - auch gesellschaftlich weiter entwickelter Nachbar. Doch auch dieser Teil der Gesellschaft sehe Deutschlands aktuelle Rolle kritisch, sagt Piotr Buras, Leiter des Warschauer Büros der Denkfabrik European Council on Foreign Relations.
"Die deutsche Zögerlichkeit in den Fragen der Waffenlieferungen an die Ukraine hat dem Image Deutschlands in Polen einen Schaden zugefügt", sagt Buras. "Die Polen sind eigentlich durch die Bank ziemlich enttäuscht und auch überrascht davon, dass Deutschland hier nicht auf der Höhe der Zeit ist. Von Deutschland würde man erwarten, dass es in einer massiven Krise, die wir heute erleben, die Führung übernimmt und nicht den Ereignissen und anderen Verbündeten hinterherhinkt. Ich glaube, das ist der Eindruck, den man in Polen hat."
"Die Deutschen haben einiges auf dem Kerbholz"
Selbst Oppositionsführer Donald Tusk, der fließend Deutsch spricht und eigentlich ein großer Freund der Bundesrepublik ist, findet dieser Tage kritische Worte: "Ich lobe die Deutschen nicht, denn sie haben einiges auf dem Kerbholz und sind mitverantwortlich für die gegenwärtige Situation in der Region." Deutschland müsse die Ukraine entschieden unterstützen, so Tusk, falls man denn glauben solle, dass die Deutschen die richtigen Lehren aus der eigenen Geschichte gezogen haben.
Für Polit-Analyst Buras ist das ein klares Zeichen an Deutschland: "Wenn eine Kritik an Deutschland von Politikern wie Tusk kommt, dann muss man die auch ernst nehmen. Diese Kritik leitet sich von der Annahme, dass wir ein starkes Deutschland brauchen." Ein starkes Deutschland, das im Nachbarland Polen derzeit viele vermissen.