Russische Mondsonde abgestürzt Wenn ein Traum zerschellt
Die russische Raumfahrt erlebt einen bitteren Moment: Nach offiziellen Angaben kollidierte die Raumsonde "Luna-25" mit dem Mond. Das Scheitern ist nicht nur ein Schlag für die Wissenschaft.
Wie groß die Enttäuschung ist, lässt sich am lauten Schweigen der Behördenvertreter und der einschlägig bekannten Experten ablesen. Auch Stunden nach Bekanntwerden des Scheiterns der Mission werden im russischen Staatsfernsehen nur die dürren Zeilen der Pressemitteilung der Weltraumbehörde Roskosmos verlesen.
"Luna-25", heißt es dort, sei mit dem Mond kollidiert und existiere nicht mehr. Eine Kommission werde eingerichtet, um die genauen Gründe für den Absturz zu untersuchen.
Dass die Landung einer Sonde auf der Südseite des Erdtrabanten kein Selbstläufer werden würde, darauf hatte Roskosmos-Chef Juri Borissow immer wieder hingewiesen. Auch im Gespräch mit dem russischen Präsidenten Ende Juni: "Solche Missionen sind natürlich immer riskant. Allgemein wird die Wahrscheinlichkeit, dass eine solche Mission erfolgreich ist, auf rund 70 Prozent geschätzt."
Hundertstel können entscheiden
Als besonders heikel wird die letzte Phase vor der Landung eingeschätzt. 2019, so der Wissenschaftsjournalist Michail Kotow, sei die indische Raumsonde "Chandra 2" abgestürzt, als sie versucht habe, ungefähr an der gleichen Stelle auf dem Südpol des Mondes zu landen.
"Bei jeder Mission gibt es eine Vielzahl von technologischen Problemen, die umgangen werden müssen. Es muss alles präzise funktionieren", sagt Kotow. Es gehe um Zehntel-, um Hundertstelsekunden, um ein Manöver erfolgreich abzuschließen, um die Landung vorzubereiten.
Ersten Erkenntnissen zufolge kam es bereits am Samstag bei einem dieser Manöver zu einer - wie es heißt - außerplanmäßigen Situation. Beim Versuch, in eine neue Umlaufbahn des Mondes vorzustoßen, soll die Sonde im Automatikbetrieb die Parameter verändert haben. Der Kontakt riss ab und kam nicht mehr zustande.
Ein Bild der Kamera der Raumsonde "Luna-25" zeigt nach Angaben der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos den Zeeman-Krater auf der Rückseite des Mondes.
Mondstation ist eigentliches Ziel
Eigentlich hätte "Luna-25" im Laufe des Montags auf dem Mond landen sollen. Sie war vor gut einer Woche vom russischen Weltraumbahnhof Wostotschny ins All gestartet und am Mittwoch in die Umlaufbahn des Erdtrabanten eingetreten. Kurze Zeit später hatte sie erste Bilder geliefert.
Es ist die erste russische Mondmission seit 1976 - als das Land noch Teil der Sowjetunion war. Sie galt als ein wichtiger Schritt, um dem eigentlichen Ziel näher zu kommen: der Errichtung einer Mondstation bis 2040. Man hatte sich Erkenntnisse über Landungsmöglichkeiten erhofft - und über Wasserreservoire.
"Wasser ist für die Gewinnung von Sauerstoff von Bedeutung, sollte es irgendwann in der Zukunft mal eine bemannte Basis auf dem Mond geben", erklärt Journalist Kotow. Gegenwärtig werde auf der Internationalen Raumstation (ISS) kein Sauerstoff separat in Tanks mitgeführt, sondern Wasser. "An Bord der ISS wird dann mit Hilfe des russischen Systems 'Electron VM' Wasser in Sauerstoff umgewandelt. Der anfallende Wasserstoff wird ins All entlüftet, Sauerstoff entsprechend geatmet, ein wenig Stickstoff dazugegeben."
Rückschlag für russische Raumfahrt
Statt um neue Erkenntnisse wird es bei Roskosmos nun aber erst einmal wieder um Aufarbeitung gehen. Der Traum nach vielen Jahren der Verzögerung, mit "Luna-25" wieder an alte Raumfahrterfolge anzuknüpfen, ist im wahrsten Sinne des Wortes zerschellt. Ein bitterer Moment für die russische Raumfahrt - und die Wissenschaft.
Aber auch ein Schlag für die russische Staatsführung, die doch unbedingt beweisen wollte, dass man trotz des Krieges gegen die Ukraine und trotz der Sanktionen, im Wettlauf mit anderen Nationen die Nase im All vorn hat.