Angriff in Konzerthalle "Islamischer Staat" bekennt sich zu Anschlag in Moskau
Die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" hat sich zu dem Angriff auf eine Konzerthalle in Moskau bekannt. Bei dem Anschlag starben mehr als 60 Menschen. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge wurden Verdächtige festgenommen.
Die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) hat den Anschlag auf ein Veranstaltungszentrum in Moskau für sich reklamiert. Die Gruppe bekannte sich zu der Tat im Kurzmitteilungsdienst Telegram. Eine offizielle Bestätigung russischer Behörden dafür liegt nicht vor. Am Morgen berichteten Medien unter Berufung auf einen russischen Parlamentsabgeordneten übereinstimmend, dass Verdächtige festgenommen worden seien.
Terrorexperte hält Bekennerschreiben für echt
Der Terrorexperte Peter Neumann vom King's College in London hält das Bekennerschreiben der Terrormiliz zum Anschlag bei Moskau aber für echt. Das schrieb er in einem Post auf X. "Die Bekennernachricht lief über alle offiziellen IS-Kanäle. Ich und meine Kollegen können das hundertprozentig bestätigen."
Der aus Deutschland stammende Wissenschaftler warnte vor Falschnachrichten, die auf russischen Telegram-Kanälen kursierten mit der Behauptung, die IS-Mitteilung sei gefälscht. Es gebe "bereits massenweise Fake-News - vermutlich, um das Narrativ zu spinnen, die Ukraine sei für Anschlag verantwortlich", schrieb Neumann.
In den überwiegend muslimischen Republiken im Nordkaukasus kämpften in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Untergrundmilizen gegen die russische Staatsmacht. Tausende Männer kämpften zwischenzeitlich für den "Islamischen Staat" in Syrien und im Irak.
Mehr als 60 Tote in Konzerthalle
Bei dem Anschlag in einer Konzerthalle hatten mindestens drei Personen in Tarnkleidung das Feuer aus automatischen Waffen eröffnet. Angaben des Staatlichen Ermittlungskomitees in Russland zufolge kamen dabei mehr als 60 Menschen ums Leben.
Das Gesundheitsministerium der Moskauer Region sprach in der Nacht zudem von 145 Menschen, die in Krankenhäuser gebracht worden seien. 60 von ihnen seien in ernstem Zustand. Zuvor war von mehr als 100 Verletzten die Rede gewesen. Am Morgen meldete die russische Nachrichtenagentur RIA, dass auch drei Kinder bei dem Angriff getötet worden seien. Das Gesundheitsministerium hatte zuvor von mindestens acht Kindern gesprochen, die bei dem Attentat verletzt worden seien.
Feuer breitete sich auf Tausende Quadratmeter aus
Der Anschlag ereignete sich in der Crocus City Hall während eines Konzertes der russischen Band "Piknik" aus Sankt Petersburg. Die Halle bietet Sitzplätze für Tausende Zuschauer.
Sicherheitsbehörden erklärten, dass es während des Angriffs mindestens eine Explosion gegeben habe. Daraufhin sei ein Brand ausgebrochen. RIA berichtete, die Angreifer hätten eine Granate oder Brandbombe geworfen. Die oberen Stockwerke des Gebäudes seien durch das Feuer zerstört worden. Die Agentur Tass hatte berichtet, das Feuer habe auf etwa ein Drittel des Gebäudes übergegriffen und auf fast das komplette Dach. Auch Rettungsdienste vor Ort schätzten, dass sich die Flammen auf eine Fläche von mindestens 13.000 Quadratmetern ausgebreitet hätten.
Identität der Angreifer unklar
Über die Identität der Angreifer gibt es bislang keine Angaben. Laut der Nachrichtenagentur RIA konnten sie nach dem Angriff vorerst entkommen. laut der Nachrichtenagentur Interfax sollen zwei bis fünf Attentäter an dem Anschlag beteiligt gewesen sein.
Am Morgen gab Russlands Geheimdienst FSB bekannt, dass elf Verdächtige festgenommen worden seien. Zuvor hatten die Nachrichtenagenturen Reuters und dpa übereinstimmend zwei Festnahmen gemeldet. Beide Agenturen bezogen sich auf Angaben des russischen Parlamentsabgeordneten Alexander Chinstein. Er hatte bei Telegram mitgeteilt, dass die beiden Verdächtigen nach einer Verfolgungsjagd im Auto in der Region Brjansk gefasst werden konnten. Weitere Verdächtige seien zu Fuß in einen Wald geflüchtet. In dem Auto der Verfolgten seien Waffen gefunden worden.
Waffen und Munition gefunden
Polizei, Nationalgarde, OMON-Spezialtruppen des Innenministeriums und Rettungskräfte waren vor Ort. Ermittler stellten Waffen und Munition in dem Gebäude sicher. Das zeigte ein kurzes Video, dass vom Staatlichen Ermittlungskomitee Russlands am frühen Morgen veröffentlicht wurde.
Zu sehen waren ein Sturmgewehr vom Typ Kalaschnikow und Gurte voller Magazine. Tütenweise sammelten die Ermittler die Hülsen verschossener Patronen ein. Die Opfer des Anschlags seien bis zum Morgen alle aus dem Gebäude gebracht worden, meldete die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf einen Korrespondenten am Ort des Geschehens.
"Blutiges terroristisches Attentat"
Das russische Außenministerium nannte den Angriff ein "blutiges terroristisches Attentat". "Die gesamte Weltgemeinschaft muss dieses verabscheuungswürdige Verbrechen verurteilen", schrieb Ministeriumssprecherin Maria Sacharowa in Telegram.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow teilte mit, dass Russlands Präsident Wladimir Putin "seit den ersten Minuten" über die Geschehnisse habe informieren lassen. Später ließ Putin über die stellvertretende Ministerpräsidentin Tatjana Golikowa mitteilen, er wünsche den Verletzten des Anschlags baldige Genesung und danke den Ärzten für ihren Einsatz.
Die Chefin des Föderationsrats - dem Oberhaus des russischen Parlaments - Valentina Matwijenko, drohte den Verantwortlichen des Anschlags mit Vergeltung. "Diejenigen, die hinter diesem fürchterlichen Verbrechen stehen, werden die verdiente und unausweichliche Strafe dafür erhalten", schrieb sie auf Telegram. Der Staat werde zugleich alles tun, um den Hinterbliebenen zu helfen.
Medien berichten über erhöhte Sicherheitsvorkehrungen
Der Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin sprach von einer großen Tragödie. Er sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus. Sobjanin ergänzte, alle Sport-, Kultur- und sonstigen Veranstaltungen in Moskau seien für das Wochenende abgesagt worden. Auch Museen und Theater in der russischen Hauptstadt kündigten an, vorübergehend zu schließen.
Wie das russische Staatsfernsehen berichtete, wurden in mehreren Großstädten des Landes sowie am Flughafen in Moskau die Sicherheitsvorkehrungen erhöht. Der Nachrichtenagentur Tass zufolge soll der Rote Platz im Zentrum von Moskau abgeriegelt worden sein.