Sexualstrafrecht endgültig verschärft In Spanien gilt "Nur Ja heißt Ja"
In Spanien wird das Sexualstrafrecht verschärft. Jeder Sex ohne ausdrückliche Zustimmung wird nun als Vergewaltigung betrachtet. Mit seiner Frauen- und Gleichstellungspolitik gilt das Land inzwischen als europäisches Vorbild.
Spanien hat seine Gesetzgebung gegen Vergewaltigungen verschärft. Der Gesetzentwurf, wonach alle beteiligten Personen künftig sexuellen Handlungen ausdrücklich zustimmen müssen, wurde vom Parlament endgültig gebilligt. Gegen das sogenannte "Nur Ja heißt Ja"-Gesetz stimmten die Abgeordneten der konservativen Volkspartei (PP) und der rechtspopulistischen Vox. Ihr Hauptargument: Mit dem Vorhaben werde das Prinzip der Unschuldsvermutung gefährdet.
Im Mai wurde der Gesetzentwurf der linken Regierung erstmals vom Parlament gebilligt, der Senat schickte ihn aber mit einem kleinen Änderungsvorschlag zurück. Das neue Paragrafenwerk hebt die Unterscheidung zwischen Missbrauch und Aggression auf.
Bis zu 15 Jahre Haft auf Vergewaltigung
Sexuelle Übergriffe werden nach dem Inkrafttreten als Vergewaltigung betrachtet - egal ob das Opfer sich wehrt oder eine Handlung aus Angst geschehen lässt. Auf Vergewaltigung und sexuelle Gewalt werden dann bis zu 15 Jahre Haft stehen. Zudem werden auch die Regeln für Belästigung auf der Straße verschärft und der Sexualunterricht in Schulen erweitert. Auch die Verbreitung von Sexvideos ist künftig strafbar.
Gleichstellungsministerin Irene Montero bezeichnete das Gesetz als einen "entscheidenden Schritt zur Veränderung der sexuellen Kultur" ihres Landes. Keine Frau werde künftig mehr "beweisen müssen, dass Gewalt oder Einschüchterung im Spiel war", damit ein sexueller Angriff als solcher eingestuft werde, sagte Montero. Der "Vergewaltigungskultur" und dem "sexuellen Terror" werde ein Ende bereitet.
Gesetz ist Reaktion auf mehrere Gruppenvergewaltigungen
Mit ihrem Vorstoß reagierte die linke Regierung auf mehrere Aufsehen erregende Fälle von Gruppenvergewaltigungen, bei denen die Täter in den vergangenen Jahren mit milden Strafen davongekommen waren. Große Empörung hatte vor allem ein Fall von Juli 2016 ausgelöst. Eine Gruppe von fünf jungen Männern zerrte damals während der San-Fermín-Feiern in Pamplona eine junge Frau in einen Hauseingang. Sie vergewaltigten ihr Opfer mehrfach und filmten das Ganze. Das zuständige Gericht sah den Tatbestand der Vergewaltigung als nicht gegeben an, weil es, wie es im Urteil von 2018 hieß, "weder Schläge noch Drohungen" gegeben habe und das Opfer passiv geblieben sei. Das Urteil löste Proteste im ganzen Land aus.
Marisa Soleto, Leiterin der Stiftung Frau, sagte der Nachrichtenagentur AFP, sie hoffe, das Gesetz werde "eine Verhaltensänderung in Spanien und darüber hinaus bewirken". Spanien gilt inzwischen als Vorreiter im Kampf gegen die Gewalt gegen Frauen. Bereits 2004 hatte das Land das erste Gesetz in Europa verabschiedet, das speziell gegen häusliche Gewalt vorging.