Im Alter von 92 Jahren Tschechischer Diplomat Frantisek Cerny gestorben
Frantisek Cerny hatte sich die Annäherung seiner Heimat Tschechien und Deutschlands zur Lebensaufgabe gemacht. Nun ist der Diplomat und Brückenbauer im Alter von 92 Jahren in Prag gestorben.
Frantisek Cernys Leben steht beispielhaft für die Brüche in der tschechischen Geschichte des 20. Jahrhunderts - sein Lebenswerk für den unermüdlichen Willen zur Versöhnung mit Deutschland.
1931 wird Cerny in Prag geboren, in eine bürgerliche Familie mit deutschen und tschechischen Wurzeln. Er spricht beide Sprachen, studieren darf er zunächst nicht. "Ein solcher Mensch wie ich - mit bourgeoisen Wurzeln - muss sich erstmal bewähren. Dann habe ich gesagt, ich lerne die Arbeiterklasse kennen und war dann drei Jahre in einer Fabrik, bin gelernter Dreher", blickte Cerny einst auf das eigene Leben zurück.
Als Journalist durch den Prager Frühling
Schließlich wird Cerny doch an der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität in Prag aufgenommen und studiert Germanistik. Den Prager Frühling, das politische Tauwetter in der kommunistischen Tschechoslowakei, erlebt er als Journalist beim Tschechischen Auslandsrundfunk. Er berichtet unter anderem von der legendären Kafka-Konferenz auf Schloss Liblice im Jahr 1963.
"Das waren wunderbare Zeiten. Eine Aufbruchszeit, wo man jeden Tag als Journalist einen kleinen Erfolg erzielt, indem man etwas unterbringen konnte in der Sendung, das vor einer Woche noch nicht möglich war", erinnerte sich Cerny in einem Interview.
Enge Kontakte zu Dissidenten
Doch diese Zeiten endeten, als Truppen des Warschauer Pakts 1968 den Traum vom Sozialismus mit menschlichem Antlitz brutal beendeten und das Land besetzten. Cerny verlor seine Arbeit als Journalist. "Dann, als besonders gefährlicher Kontrarevolutionär, musste ich aus dem Rundfunk. Und war dann fast 20 Jahre lang Deutschlehrer."
Den Zwängen des harten Normalisierungsregimes widersetzte sich Cerny und trat nie in die kommunistische Partei ein. Stattdessen hielt er enge Kontakte zu den Dissidenten rund um Vaclav Havel und Jiri Dienstbier. Die Samtene Revolution von 1989 bedeutete eine weitere Wende auch für Cernys Lebensweg:
Ich wollte zurück in den Rundfunk, aber meine Frau hat gesagt, das ist absoluter Blödsinn. Jetzt warst du 20 Jahre außen vor. Die sind alle professionell weiter. Aber ich habe gesagt, ich fühle mich als Rundfunkmensch. Und dann haben mir Dienstbier und Havel gesagt: Nein, wir brauchen Leute. Sie mussten mich direkt überreden.
Die Annäherung als Lebensthema
Cerny wurde zum Doyen der tschechischen Diplomatie und zu einem der bekanntesten Botschafter: erst in Bonn, später in Berlin. Immer freundlich und beharrlich trug er viel dazu bei, Feindbilder auf beiden Seiten abzubauen. Denn ein Botschafter solle "seine Mittel dazu nützen, dass er von seinem Land einen möglichst guten Eindruck vermittelt", so Cerny.
Dann habe ich mir vor allem vorgenommen, dass es zwischen diesen beiden Nachbarländern, die so eng und so lange miteinander zu tun hatten, dass man da irgendwie weiterkommt. Und das war mein Anliegen.
Eine große Aufgabe angesichts der Verbrechen des Nazi-Regimes im heutigen Tschechien und der anschließenden Vertreibung der Deutschen.
Seinem Lebensthema blieb Cerny auch nach seinem Ausscheiden aus dem diplomatischen Dienst treu: Vor 20 Jahren gründete er gemeinsam mit der Schriftstellerin Lenka Reinerova das Prager Literaturhaus deutschsprachiger Autoren. Cerny war auch im hohen Alter noch ein aktiver Teilnehmer am deutsch-tschechischen Dialog und ein allseits geschätzter Berater.