Schusswaffenangriff in Prag "Etwas, das Tschechien noch nie erlebt hat"
An der Prager Karls-Universität hat ein Student 14 Menschen erschossen, 25 weitere verletzt. Der Innenminister spricht von einer "unvorstellbaren Tragödie". Die Polizei untersucht eine Verbindung zu einem weiteren Verbrechen.
Es war der vorletzte Tag vor der Weihnachtspause - Hochbetrieb auch noch an der berühmten Prager Karls-Universität, als am frühen Nachmittag Schüsse im Gebäude der Philosophischen Fakultät zu hören waren, mitten im historischen Stadtzentrum am Jan-Palach-Platz unweit der Karlsbrücke.
"Um 14 Uhr war meine Vorlesung zu Ende", erzählt ein Student. "Vor dem Gebäude standen Polizisten mit Maschinengewehren. Ich gab meinen Kommilitonen Bescheid, dass die Polizei da ist. Zuerst waren alle gelassen, aber dann kam die Nachricht, dass es eine Schießerei gegeben hat.“
Die Polizei rief die Menschen auf, die Gegend weiträumig zu meiden und sperrte den Platz ab. Anwohner sollten nicht aus dem Haus gehen. Studenten rannten mit erhobenen Armen aus dem Gebäude. Andere verbarrikadierten sich in Hörsälen und Büros. Einige kletterten aus dem Fenster oder aufs Dach.
Der Schütze hielt sich auf dem Dach auf
Dort hielt sich zuletzt auch der Schütze auf, berichtet der tschechische TV-Sender Nova. Ähnliches beobachtete der Direktor der benachbarten Kunstgalerie Rudolfinum, Petr Nedoma: "Ich habe einen jungen Mann auf der Galerie der Philosophischen Fakultät der Karls-Universität stehen sehen. Er hielt eine Waffe in der Hand, die aussah wie eine Maschinenpistole."
Er habe mehrere Male in Richtung der Mánes-Brücke geschossen. "Dann habe ich gesehen, wie er noch einmal schoss, die Hände hochnahm und die Waffe auf die Straße warf", so Nedoma.
Die Polizei findet ein Arsenal an Schusswaffen
14 Menschen habe der Angreifer erschossen, erklärte die Polizei. 25 Menschen seien verletzt, davon zehn schwer. Kurz vor 16 Uhr gab es Entwarnung: Der mutmaßliche Schütze sei tot. Die Sicherheitskräfte haben keine Hinweise darauf, dass er Komplizen hatte. Vor Ort wurde ein Arsenal von Schusswaffen samt Munition gefunden. Der schnelle Einsatz der Polizei habe noch Schlimmeres verhindern können, heißt es in Prag.
"Zum jetzigen Zeitpunkt gehen wir von der Tat eines Einzelschützen aus", so der tschechische Regierungschef Petr Fiala. "Es handelt sich also nicht um einen Akt des internationalen Terrorismus oder einer organisierten Gruppe.“
Polizei bringt Schützen mit weiterer Tat in Verbindung
Die Ermittler nehmen an, dass der Verdächtige zunächst seinen Vater getötet hat, in der Stadt Hostoun, westlich von Prag - und sich dann selbst töten wollte. Er habe sich wahrscheinlich von Amokläufen im Ausland inspirieren lassen.
Der 24 Jahre alte Mann sei ein ausgezeichneter Student gewesen, sagte Polizeipräsident Martin Vondrasek. Er habe legal mehrere Waffen besessen und sei sehr durchdacht vorgegangen: "Ich möchte auch mitteilen, dass wir sehr ernsthaft an der Version arbeiten, dass der Angreifer von der Karls-Universität auch für die beiden Opfer von Ende letzter Woche im Klánovice-Wald verantwortlich ist." In einem Vorort von Prag starben ein Vater und sein Baby.
Die tschechische Regierung traf sich zu einer Sondersitzung und sprach den Opfern und ihren Angehörigen ihr Beileid aus, auch Innenminister Vit Rakusan: "Es ist eine unvorstellbare Tragödie, es betrifft junge Menschen. Es ist etwas, das Tschechien noch nie erlebt hat und von dem wir uns alle wünschen, dass wir es nie erlebt hätten. Die vorweihnachtliche Stimmung wurde durch die Tat eines Wahnsinnigen bis zur Unkenntlichkeit verändert.“