Nach Fialas Kiew-Besuch Ukraine-Krieg eint Tschechien
Tschechien steht im Ukraine-Krieg fest an der Seite Kiews. Selbst bisherige Putin-Freunde räumen offen ihre Fehleinschätzung ein. Auf die Reise von Ministerpräsident Fiala nach Kiew ist das Land regelrecht stolz.
Sein Image als etwas dröger Akademiker, der sich nur theoretisch mit der Politik auskennt, hat Petr Fiala schon im vergangenen Wahlkampf abgelegt. Seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine hat er weiter an Format gewonnen. Der tschechische Premier gilt als besonnen, als jemand, der immer den richtigen Ton findet. Jetzt ist eine neue Facette hinzugekommen: Fiala als Politiker mit Mut, der auch persönliche Risiken eingeht.
"Ich hatte keine Angst", sagte er nach der Rückkehr aus Kiew. "Ich wusste auch, dass die Reise mit Risiken verbunden ist. Aber ich denke, das Ziel war wichtiger. Wenn es Zweifel gibt, dann sollte man die am Anfang ausräumen und dann einfach so handeln, dass es gut ausgeht."
Der tschechische Premier neigt nicht dazu, die Dinge irgendwie zu überhöhen. Die Reise habe vor allem eine symbolische Wirkung. "Wir müssen wissen und anerkennen, dass sie auch für uns kämpfen, für unsere Unabhängigkeit, für unsere Freiheit, und wir müssen sie in diesem Kampf unterstützen. Deshalb waren wir persönlich dort. Wir fuhren dorthin, um sie wissen zu lassen, dass sie nicht allein sind."
Geld für Kiew - und Waffen
Die tschechische Regierung unterstützt die Ukraine seit Kriegsbeginn kontinuierlich mit Waffen und Geld. Gemeinsam mit der äußerst hilfsbereiten Bevölkerung kümmert sie sich um eine Viertelmillion Menschen, die sich aus der Ukraine nach Tschechien in Sicherheit gebracht haben.
Milos Zeman, der Präsident, bekannte öffentlich, dass er sich in Kreml-Chef Wladimir Putin geirrt habe und mauserte sich zum Verfechter härtester Sanktionen gegen Russland. Die ANO von Ex-Ministerpräsident Andrej Babis versuchte, aus den drastisch gestiegenen Spritpreisen politisch Kapital zu schlagen. Aber auch ihr blieb nun nichts anderes übrig, als die Reise von Fiala nach Kiew zu loben.
"Ich sehe die Reise als ein großartiges Symbol, das den Ukrainern Auftrieb gibt", sagte Jaroslav Bzoch, der für die ANO im Auswärtigen Ausschuss des Parlaments sitzt. "Ich denke, es war ein wichtiger Schritt für ihre Moral, aber wir können nicht leugnen, dass die Reise ihre Risiken hatte."
Präsident Selenskyj kann unter dem fortwährenden Angriffen der russischen Armee in Kiew kaum noch Gäste empfangen. Umso mehr sorgte der Besuch aus Polen, Tschechien und Slowenien für Aufsehen.
Auch die Rechtsradikalen stimmen zu
Selbst von den Rechtsradikalen von Tomio Okamura, die ein ähnlich positives Bild von Putin pflegten, wie die AfD in Deutschland, gab es eine etwas bemühte Anerkennung. "Die Vorteile überwiegen", meinte Jaroslav Basta, ebenfalls Mitglied im Auswärtigen Ausschuss. "Aber ich muss sagen, dass ich mich als Oppositionspolitiker gefreut habe, dass der tschechische Ministerpräsident Teil der europaskeptischen Delegation war." Eine Anspielung auf Fialas Mitreisende, seine Kollegen aus Polen und Slowenien.
Den meisten Menschen in Tschechien dürfte das egal sein. In den sozialen Medien überwiegt der Stolz auf Fiala, auf einen Ministerpräsidenten, der dem Land endlich einmal positive Schlagzeilen in Europa verschaffe und für den man sich nicht ständig schämen müsse.
Bei der Parlamentswahl im vergangenen Herbst lag das von Fiala geführte Parteienbündnis Spolu nur hauchdünn vor der ANO von Andrej Babis. Würde jetzt in Tschechien gewählt, läge die Spolu mit über 32 Prozent rund fünf Punkte vor der ANO.