Thomas Tuchel bei einer Trainingseinheit der englischen Nationalmannschaft
Player: videoThomas Tuchel startet als Englands Nationaltrainer mit hohen Erwartungen und WM-Ziel

Neuer Nationaltrainer Thomas Tuchel Ganz England hofft auf seinen Erfolg

Stand: 21.03.2025 11:48 Uhr

Heute steht Thomas Tuchel erstmals als Trainer des englischen Nationalteams an der Seitenlinie. Die Royals und den Bolzplatz hat er schonmal auf seiner Seite. Jetzt braucht es nur noch den WM-Titel.

Es ist eine große Woche für Thomas Tuchel: Er benannte seinen ersten Kader, gab eine lange Pressekonferenz im Wembley-Stadion, reiste Richtung Norden in die Nähe von Birmingham für das erste Trainingscamp mit seiner neuen Mannschaft im St. George’s Park und stellte sich dem ersten Training vor Journalisten.

Mitte der Woche ging es schon wieder Richtung London. Auf dem weiten makellosen Trainingsgelände der Tottenham Hotspurs war noch eine Pressekonferenz angesetzt, wieder ein offenes Training.

Dabei waren die meisten Kameras auf ihn gerichtet: den Deutschen, der für England den ersten Titel seit 1966 holen soll. Damals ging es gegen Fußball-Erzfeind Deutschland. Seitdem blieben die Three Lions glücklos.

Thomas Tuchel bei einer Trainingseinheit der englischen Nationalmannschaft

Neuer Trainer, neuer Kader: Tuchel setzt auf eine Mischung von jungen und erfahrenen Spielern.

"Die Woche war ein Crashkurs"

Tuchel erzählt, er sei ein wenig nervös, wie immer vor Spielen. Aber er wirkt gut gelaunt, lächelt viel. "Die Woche war ein Crashkurs im internationalen Fußball - darin, wie man sich an diesen Rhythmus gewöhnt, wenn man die Spieler nur so kurz sieht", sagt er.

Die Tage gemeinsam mit den Spielern hätten dafür gesorgt, dass sein neuer Job sich jetzt schon realer anfühle. "Aufregend und surreal" sei alles, hatte er noch einige Tage zuvor gesagt. 

All das erzählt Tuchel auf Englisch - und zwar nur auf Englisch. Auch als die ARD ihn bittet, ob er eine Frage nicht zuerst auf Englisch und dann auf Deutsch beantworten könne. Ein Lächeln, ein kurzer Blick zum Pressesprecher der Football Association (FA), dem englischen Fußballverband, dann sagt Tuchel: "Ich möchte das nur auf Englisch machen. Aus Respekt davor, wo wir sind und vor allen, die hier sind."  

Äußerungen wie diese kommen gut an in der englischen Fußballwelt. Als Tuchel im Oktober als neuer Coach vorgestellt wurde, war die Aufregung auf der Insel groß. Noch vor einigen Wochen gab es kritische Berichte über eine angebliche Homeoffice-Klausel im Tuchel-Vertrag - mit rot markierten Aufzählungen, welche Spieltage er im Stadion verpasst habe, auch weil er bei seinen Kindern in München war.

Pressekonferenz von Thomas Tuchel

Antworten nur auf Englisch: Tuchel stellt sich den Fragen vor seinem ersten Spiel.

Das Urteil des Bolzplatzes ist gefallen

Doch kurz vor den ersten WM-Qualifikationsspielen hat sich die Stimmung verändert. "Die Debatte, ob ein Deutscher englischer Nationalcoach sein kann, ist jetzt erst mal durch", sagt Faye Carruthers, die für den Sportsender Talksport über das englische Team berichtet. "Jetzt sind alle begeistert, dass wir einen Siegertypen haben, der uns helfen kann, wieder eine Trophäe zu gewinnen." 

Auf einem Bolzplatz im Londoner Stadtteil Wimbledon, wo sich nach Feierabend Hobbykicker treffen, klingt das ähnlich. "Erst habe ich gedacht, wir brauchen doch einen Engländer", sagt Alfie Draper. "Dann habe ich nochmal gründlich nachgedacht und mir wurde klar, wie lange es her ist, dass wir einen Titel gewonnen haben." Seine Mitspieler nicken. "Hauptsache, wir gewinnen."

Englische Fußballfans wie sie kennen Tuchel vor allem als Ex-Trainer vom FC Chelsea. Er gewann die Champions League, aber musste wenig später, als es nicht mehr so rund lief, gehen. Hobbykicker Ethan Payne ist sich sicher: "Unsere Medien werden kritischer mit Tuchel sein, weil er kein Engländer ist und weil er anderswo schon so viel gewonnen hat. Aber ich glaube: Tuchel wird das sogar genießen."

Sogar der Prinz ist einverstanden

Royale Rückendeckung hat Thomas Tuchel längst: Thronfolger Prinz William ist Präsident des englischen Fußballverbandes und empfing ihn vor einigen Wochen auf Schloss Windsor. Das Foto vom Treffen schaffte es auf so manche Titelseite. "Er ist der Richtige", sagt der Thronfolger über den Trainer. Und er weiß: Ganz England will den WM-Titel 2026. 

Dass es ihm genauso geht, daran lässt Tuchel keine Zweifel. Aber er warnt: "Wir brauchen auch Glück und Momentum. Wir können nicht einfach planen, Weltmeister zu werden - ich bin der Erste, dem das nicht gefällt. Aber so ist das nun mal."

Verlieren ist keine Option

In seinem Kader fürs Wochenende setzt er auf eine Mischung aus jungen und erfahrenen Spielern. Umstritten in England sind die Nominierungen des Ajax-Amsterdam-Profis Jordan Henderson und die von Marcus Rashford von Aston Villa, der zuletzt nicht mehr im englischen Kader dabei war.

Zu den Leistungsträgern gehört natürlich Bayern Münchens Rekord-Mittelstürmer Harry Kane. Der gibt zu, dass er zunächst überrascht gewesen sei über die Nominierung Tuchels. Mindestens eine in England als typisch deutsch geltende Eigenschaft habe Tuchel mit ins Trainingscamp dieser Woche gebracht.

"Vielleicht ist er etwas direkter als andere Trainer. Aber nein, er ist er selbst geblieben", sagt Kane bei seiner Pressekonferenz direkt nach Tuchel. "Das ist das Besondere an Thomas. Er wird immer er selbst sein, egal wo er ist. Und man sieht, dass er extrem stolz darauf ist, hier zu sein, und sich darauf freut." 

Die Spiele gegen Albanien am Freitag und Lettland am Montag sind die ersten wichtigen Etappen auf der Mission WM-Titel für Tuchel. Er selbst will sich auf dem Wohlwollen dieser Woche auch nicht ausruhen. "Ich muss mich beweisen, damit die Menschen an mich und mein Projekt glauben." Jetzt zu verlieren, das weiß Tuchel, ist keine Option.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 20. März 2025 um 14:30 Uhr.