Großbritannien Hitziges TV-Duell zwischen Truss und Sunak
Das Rennen um die Nachfolge des britischen Premiers Johnson geht auf die Zielgerade. Gestern fand das erste TV-Duell der Kandidaten Sunak und Truss statt. Hitzig wurde es vor allem beim Thema Steuern - und beim privaten Vermögen.
Wer wird "unser" nächster Premier? Mit dieser Frage eröffnet die Moderatorin um 21 Uhr britischer Zeit im BBC-Fernsehen die Debatte zwischen Liz Truss und Rishi Sunak. Aber in den kommenden sechs Wochen darf eben nicht das ganze Land abstimmen - es entscheiden nur die rund 150.000 bis 180.000 Mitglieder der Konservativen per Briefwahl. Wie viele es genau sind, behält die Partei für sich.
Hitzige Debatte
In der Debatte wird es schnell hitzig, wie erwartet beim Thema Steuern. So verspricht Außenministerin Truss, sie würde sofort handeln, denn die Menschen im Land befänden sich wegen der hohen Lebenshaltungskosten in einer der größten Krise seit Generationen. Und sie wird konkret: "Ich würde die Erhöhung des Sozialversicherungsbeitrages rückgängig machen."
Sunak kritisierte ihre Versprechen sofortiger Steuersenkungen scharf. Erst müsse man die Inflation in den Griff bekommen. "Du hast fast 40 Milliarden Pfund an nicht-finanzierten Steuersenkungen versprochen. 40 Milliarden mehr Schulden. Auf Kosten des Landes, unserer Kinder und Enkelkinder, alle hier müssen das bezahlen. Das ist keine konservative Politik." Beide unterbrachen sich häufig, vor allem Sunak fiel Truss oft ins Wort.
Debatte über privates Vermögen
Bereits tagsüber hatte Kulturministerin Nadine Dorries, eine Unterstützerin von Truss, den von vielen Konservativen befürchten innerparteilichen Konflikt auf Twitter befeuert. Sie teilte einen Bericht der "Daily Mail", die Sunak für seine teure Luxusmarken-Kleidung kritisiert. Truss dagegen trage Ohrringe für fünf Pfund.
Darauf angesprochen betont Truss in der TV-Debatte erneut ihre einfache Herkunft im Vergleich zu Sunak, der mit seiner Frau ein Vermögen von rund 730 Millionen Pfund hat. "Ich war auf einer öffentlichen Schule und ich habe gesehen, wie meine Mitschüler aufgegeben wurden und die Bildung teilweise schlecht war. Das hat mich motiviert, in die Politik zu gehen."
Bleibt Johnson in der Regierung?
Ort der Debatte war Stoke on Trent, einst Labour-Hochburg. Aber zuletzt hatte auch dort Boris Johnson den Konservativen zum Sieg verholfen. Truss, die sich weiter loyal zu Johnson gibt, vermeidet eine klare Antwort auf die Frage, ob sie ihm eine Rolle in ihrer Regierung geben würde. Sie glaube nicht, dass die Frage aktuell werde. Sunak, der mit seinem Rücktritt Johnsons Ende einleitete, antwortet mit einem klaren Nein.
Sunak gelingt nicht die Wende
Auch in der Stadt Workington einer weiteren einstigen Labour-Hochburg, die zuletzt dem Brexit und den Konservativen zuneigte, verfolgen die Bewohner die Debatte sehr genau - und haben unterschiedliche Eindrücke. "Ich hätte lieber eine Wahl, mich beeindruckt keiner der beiden", sagt ein Mann. Und eine andere Bewohnerin erklärt: "Truss war ruhig und kontrolliert. Sunak war ein wenig unhöflich, er hat sie oft unterbrochen, das irritiert mich. Aber er hatte mehr Charisma."
Am Ende des Abends scheint es nicht so, als ob Sunak mit dem Auftritt die Kehrtwende einleiten konnte, die er gegen die Umfragen-Favoritin Truss braucht. In den kommenden sechs Wochen werden die beiden erneut in Debatten und vor Parteimitgliedern auftreten. Doch die ersten Abstimmungszettel werden schon in einigen Tagen verschickt.