Krieg gegen die Ukraine Keine Ruhe für Charkiw
Russland ist im Osten der Ukraine weiter auf dem Vormarsch. Sowohl aus dem Raum Charkiw als auch aus der Region Donezk werden neue Attacken gemeldet. Bei Slowjansk soll die russische Armee geächtete Streumunition verwendet haben.
Im Osten der Ukraine setzt Russland nach Angaben aus Kiew seine Angriffe in mehreren Regionen fort. Im Raum Charkiw versuche die russische Armee, mit Artillerieunterstützung verlorene Positionen zurückzuerobern, teilte der ukrainische Generalstab mit. Zahlreiche Orte würden beschossen, um die ukrainische Armee dort zu binden.
"Allein gestern wurden angeblich 12 Raketen auf Mykolajiw abgefeuert", Rebecca Barth, WDR, zzt. Kiew
In der Region Donezk sei eine russische Attacke abgewehrt worden, hieß es weiter. Aus dem Raum Awdijiwka wurden russische Luftangriffe gemeldet.
Das russische Verteidigungsministerium gab bekannt, dass ukrainische Kommandoposten und Lager mit "Hochpräzisionsmunition" beschossen wurden. Bei Charkiw sei eine Traktorfabrik angegriffen worden, die als Waffen- und Ausrüstungsbasis genutzt worden sei.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
"Lyssytschansk vollständig eingekreist"
In der Region Luhansk haben die russischen Truppen nach Angaben des Regionalgouverneurs ihre Attacke auf die Großstadt Lyssytschansk und das umliegende Gebiet vorangetrieben. Russland versuche, das letzte Bollwerk ukrainischen Widerstands in der Provinz Luhansk im Donbass mit allen Mitteln einzunehmen, sagte Gouverneur Serhij Hajdaj. "Den vergangenen Tag über haben die Besatzer das Feuer mit allen verfügbaren Waffenarten eröffnet", sagte Hajdaj auf Telegram.
Die pro-russischen Kämpfer meldeten die vollständige Umzingelung von Lyssytschansk. Zusammen mit russischen Truppen seien "heute die letzten strategischen Hügel" erobert worden, sagte ein Vertreter der Separatisten der russischen Nachrichtenagentur Tass. "Damit können wir vermelden, dass Lyssytschansk vollständig eingekreist ist."
Russland soll Streumunition eingesetzt haben
Bei Raketenangriffen auf die Stadt Slowjansk im Osten der Ukraine soll Russland nach ukrainischen Angaben international geächtete Streumunition eingesetzt haben. Dabei seien in der Nacht zivile Bereiche getroffen worden, in denen es keine Militäranlagen gebe, berichtete Bürgermeister Wadym Ljach auf Telegram. Vier Menschen seien getötet, sieben Menschen verletzt worden.
Streumunition wird mit Raketen, Artilleriegranaten und Bomben ins Zielgebiet verschossen. Dort bersten die Behälter, die viele kleine Sprengkörper freisetzen. Insbesondere ältere Streumunition hat eine hohe Blindgängerquote. Die herumliegenden Sprengkörper stellen auch eine große Gefahr für die Zivilbevölkerung dar. Der Einsatz von Streumunition ist völkerrechtlich geächtet - Russland hat den Vertrag aber nicht unterzeichnet.
Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.
"Bleibt in den Schutzräumen!"
Auch aus dem Raum Mykolajiw im Süden des Landes wurden am frühen Morgen Explosionen gemeldet. "Es gibt starke Explosionen in der Stadt! Bleibt in den Schutzräumen!", schrieb der Bürgermeister von Mykolajiw, Oleksandr Senkevich, bei Telegram. Die Ursache der Explosionen ist noch nicht bekannt.
Kriegsverbrechen in Odessa?
Die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa warf Russland nach Raketenangriffen auf Wohngebiete in einer Küstengemeinde nahe der Hafenstadt Odessa mit mindestens 21 Toten Kriegsverbrechen vor. "Wir ergreifen alle notwendigen Ermittlungsmaßnahmen, um die konkreten Personen zu ermitteln, die sich dieses schrecklichen Kriegsverbrechens schuldig gemacht haben", sagte sie, während Ermittler die Trümmer durchkämmten.
Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte die Angriffe in seiner nächtlichen Videoansprache als "absichtlichen und gezielten russischen Terror"verurteilt. Es handele sich nicht um "eine Art Fehler oder einen zufälligen Raketenangriff".
Ungenaue russische Raketen
Das britische Verteidigungsministerium erklärte in diesem Zusammenhang, aus der Luft abgefeuerte Schiffsabwehrraketen hätten im Allgemeinen keine präzise Genauigkeit gegen Bodenziele. Grund sei vermutlich, dass die Vorräte Russlands an modernen, zielgenauen Waffen schwinden.
Schlangeninsel bombardiert
Nach ukrainischen Angaben warfen russische Flugzeuge bei einem Angriff auf die Schlangeninsel im Schwarzen Meer Phosphorbomben ab. Den Angaben vom Freitagabend zufolge griffen zwei russische Kampfflugzeuge des Typs Su-30 an. Schwarz-Weiß-Videoaufnahmen zeigten zwei Explosionen auf der kleinen Insel.
Russland hatte tags zuvor den Rückzug von der Schlangeninsel bekanntgegeben und dies als Geste des guten Willens bezeichnet. Das ukrainische Militär gab dagegen an, es habe die russischen Soldaten mit Artillerie- und Raketenangriffen zur Flucht gezwungen.