Krieg gegen die Ukraine Separatisten melden Einnahme von Kreminna
Russland macht bei seiner Offensive im Osten der Ukraine zwar kleine Fortschritte. Angaben aus Washington und London zufolge verläuft der Vorstoß allerdings erneut nicht nach Plan. In Mariupol soll es heute eine weitere Feuerpause geben.
Gruppierungen der selbsternannten "Volksrepublik" Luhansk haben eigenen Angaben zufolge eine Kleinstadt im Gebiet Luhansk im Osten der Ukraine eingenommen. Die Stadt Kreminna sei "vollständig" unter Kontrolle der Einheiten der "Volksrepublik", teilte die Luhansker "Volksmiliz" am Abend auf Telegram mit. Auf einem angehängten Video ist zu sehen, dass auf der Eingangstür der Stadtverwaltung eine russische Fahne hängt.
Der ukrainische Gouverneur des Gebiets Luhansk, Serhij Hajdaj, hatte am Montag berichtet, dass die Kontrolle über die Kleinstadt nördlich der Großstadt Sjewjerodonezk verloren gegangen sei. In Kreminna sollen von 18.000 Einwohnern vor dem Krieg noch etwa 4000 ausharren. Laut der jüngsten Analyse des US-Kriegsforschungsinstituts ISW war der Vorstoß nach Kreminna die einzige russische Bodenoffensive binnen 24 Stunden, die "signifikante Fortschritte" gemacht habe.
London: Fortschritte Russlands in Ukraine behindert
Auch laut britischer Auffassung nehmen russischer Beschuss und Angriffe entlang der Demarkationslinie zum Donbass in der Ostukraine zwar weiter zu. Die Ukraine wehre aber zahlreiche Vorstöße russischer Truppen ab, teilte das Verteidigungsministerium in London unter Berufung auf Geheimdienstinformationen mit.
Russische Fortschritte würden unterdessen weiterhin durch das Gelände sowie logistische und technische Schwierigkeiten behindert. Dazu komme auch die Widerstandsfähigkeit der hochmotivierten ukrainischen Armee. Dass es Russland nicht gelungen sei, den Widerstand in der südostukrainischen Hafenstadt Mariupol zu brechen sowie die wahllosen russischen Angriffe, die Zivilisten trafen, seien weitere Hinweise darauf, dass Moskau seine Ziele nicht so schnell wie erhofft erreiche.
Selenskyj: Lage in Mariupol weiter äußerst ernst
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht die Lage in der Hafenstadt Mariupol derweil weiter als "so schwierig wie nur möglich". Das russische Militär blockiere alle Versuche, humanitäre Korridore zu organisieren und ukrainische Bürger zu retten, sagte Selenskyj in seiner allabendlichen Videobotschaft, die in der Nacht auf Telegram veröffentlicht wurde.
Bewohner der Stadt, die sich in den Händen russischer Einheiten befänden, versuche man zu "deportieren" oder in die russischen Truppen zu mobilisieren. Leider, sagte Selenskyj weiter, bekomme man keine Antworten auf den Vorschlag eines Austauschs, der es erlauben würde, Zivilisten und Verteidiger der Stadt zu retten. Nähere Angaben zu dem Austausch machte er nicht. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Russland kündigt weitere Fluchtkorridor an
Die Lage im schwer zerstörten Mariupol gilt als dramatisch. Russland will die strategisch wichtige Hafenstadt komplett unter Kontrolle bringen und forderte Hunderte ukrainische Kämpfer in einem Stahlwerk am Dienstag noch einmal zur Kapitulation auf. Diese weigerten sich jedoch. Moskau teilte am Abend mit, dass bis 22.00 Uhr Moskauer Zeit (21.00 Uhr MEZ) niemand den Korridor genutzt habe.
Es folgte eine weitere Ankündigung einer einseitigen Feuerpause samt "humanitärem Korridor" aus dem Stahlwerk für Mittwoch, 14.00 Uhr Moskauer Zeit (13.00 Uhr MEZ). Im Zuge dieser Feuerpause könnten sich ukrainische Kämpfer ergeben und Zivilisten evakuiert werden, heißt es in einer Mitteilung des russischen Generaloberst Michail Misinzew vom Abend. In den vergangenen Wochen hatten sich beide Seiten immer wieder vorgeworfen, die Flucht von Zivilisten zu sabotieren.