Oberstes Gericht der Ukraine Weiterer Richter wegen Korruptionsverdachts festgenommen
Im mutmaßlichen Korruptionsskandal am Obersten Gerichtshof der Ukraine haben Ermittler einen weiteren Richter festgenommen. Zuvor war bereits der Gerichtspräsident bei der Übergabe mutmaßlicher Bestechungsgelder erwischt worden.
In der Ukraine haben Anti-Korruptionsermittler einen weiteren Richter des Obersten Gerichts festgenommen. "Zum jetzigen Zeitpunkt laufen Ermittlungen zu den Richtern und den Mittelsmännern", sagte der Chef der Anti-Korruptionsstaatsanwaltschaft, Olexander Klymenko, auf einer Pressekonferenz. Den Namen des zweiten Festgenommenen gab er noch nicht bekannt.
Gerichtspräsident bei Geldübergabe festgenommen
Zuvor hatten sie Ermittler bereits die Festnahme des Präsidenten des Gerichts, Wsewolod Knjasjew, bekannt gegeben. Er konnte überführt werden, als er drei Millionen US-Dollar (2,76 Millionen Euro) entgegennahm. Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich um Bestechungsgelder handelt. Das Nationale Anti-Korruptions-Büro der Ukraine (NABU) veröffentlichte ein Foto von Bündeln mit Geldscheinen auf einer Couch. Es gab unterschiedliche Angaben, ob die Festnahme bereits am Montag oder am Dienstag erfolgte.
Wie genau die mutmaßlichen Bestechungen abgelaufen sein sollen, gaben die Ermittler noch nicht bekannt. Ukrainische Medien berichteten, dass das Geld von einem in Frankreich lebenden ukrainischen Oligarchen stammen solle. Dieser wies die Vorwürfe bereits zurück.
Auf Facebook veröffentlichte das Nationale Anti-Korruptions-Büro der Ukraine ein Foto mit Geldbündeln.
Richter sichern Kooperation zu
"Es gibt Schmiergeld, es gibt ein Motiv, die Tatsache wurde festgestellt, es gibt konkrete Personen", erklärte NABU-Chef Semen Krywonos, der den Posten erst im März übernommen hatte. Die Festnahme des 43 Jahre alten Knjasjew sei dabei das "aufsehenserregendste Verfahren" seit der Gründung seiner Behörde 2015. Der Richter war im Oktober 2021 als Vorsitzender des Obersten Gerichtshofs eingesetzt worden.
Das Kollegium des Gerichts kam wegen der Razzien zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen. Die Richter zeigten sich "schockiert" über die Vorwürfe und sprachen von einem "schwarzen Tag in der Geschichte des Gerichts". Sie würden freiwillig und in vollem Umfang mit den Behörden kooperieren, teilten sie mit.
Korruptionsbekämpfung zentrale Aufgabe für EU-Beitritt
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte immer wieder einen entschlosseneren Kampf gegen die in seinem Land verbreitete Schmiergeldkultur versprochen. Selenskyj will damit vor allem zeigen, dass die Ukraine bereit ist zu Verhandlungen für eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union.