Krieg gegen die Ukraine Neue Luftangriffe durch russische Streitkräfte
Russland hat nach eigenen Angaben zahlreiche militärische Objekte in der Ukraine beschossen. Zudem habe es heftige Kämpfe in Mariupol gegeben. In der Stadt starben nach ukrainischen Angaben bereits mehr als 10.000 Zivilisten.
Die russischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben in der Nacht 32 militärische Objekte in der Ukraine beschossen. Dabei seien unter anderem ein Luftabwehrraketensystem vom Typ Buk-M1 sowie ein Munitionslager und eine Flugzeughalle mit ukrainischer Luftwaffentechnik zerstört worden, teilte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, mit.
Außerdem habe es heftige Kämpfe in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol gegeben. "Die auf dem Territorium des Werks 'Iljitsch' eingeschlossenen Reste der ukrainischen Streitkräfte haben einen erfolglosen Versuch gemacht, aus der Stadt auszubrechen", sagte Konaschenkow. Seinen Angaben zufolge haben etwa 100 ukrainische Soldaten den Ausbruchsversuch unternommen; die Hälfte davon sei getötet worden. Die Angaben sind nicht unabhängig überprüfbar.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Pro-russische Separatisten bestreiten Giftgaseinsatz
Zuvor hatten russische Militärs über die weitgehende Einnahme Mariupols berichtet. Verbliebene ukrainische Kräfte hätten sich in einem anderen Stahlwerk der Stadt namens "Asowstahl" verschanzt.
Die pro-russischen Separatisten in der ostukrainischen Region Donezk bestreiten ukrainische Vorwürfe, im Kampf um die Hafenstadt Mariupol Chemiewaffen eingesetzt zu haben. Das meldet die russische Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf Eduard Bassurin, einen Kommandeur der Separatisten. Er hatte gestern vorgeschlagen, die Ukrainer dort, vor allem Mitglieder des nationalistischen Asow-Regiments, mithilfe von Chemiewaffen "auszuräuchern".
Die ukrainische Führung prüft nach Angaben der stellvertretenden Verteidigungsministerin Hanna Maljar derzeit unbestätigte Informationen über den Einsatz chemischer Kampfstoffe. "Es gibt eine Theorie, dass es sich um Phosphormunition handeln könnte", sagte sie im Fernsehen. "Offizielle Informationen kommen später."
Auch Großbritannien versucht, Berichte zu verifizieren, wonach Russland bei einem Angriff auf Mariupol chemische Waffen eingesetzt haben soll.
Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, sagte am Montagabend, Washington habe unbestätigte Informationen über einen Chemiewaffenangriff in der strategisch wichtigen Stadt. "Wenn diese Informationen wahr sind, sind sie sehr besorgniserregend."
Offenbar schon mehr als 10.000 tote Zivilisten in Mariupol
Mittlerweile seien bereits mehr als 10.000 Zivilisten in Mariupol getötet worden, sagte Bürgermeister Wadym Boitschenko in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AP. Die Straßen der Stadt seien nach wie vor bedeckt mit Leichen, sagte er. Es könnten also auch weitaus mehr Tote sein. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.
Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.
Für belagerte Orte sind für heute nach ukrainischen Angaben neun Fluchtkorridore vereinbart. Darunter sei Mariupol, teilte Vize-Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk mit. Von dort könnten sich Zivilisten mit privaten Fahrzeugen in Sicherheit bringen. Fünf der neun Korridore solle es in der Region Luhansk im Osten der Ukraine geben. Dort gibt es nach ukrainischen Angaben erneut heftigen Beschuss durch russische Truppen.
Bevölkerung in Charkiw vor Streuminen gewarnt
Derweil gehen die Angriffe auch anderswo im Land weiter. Im Osten der Ukraine zeichnet sich nach Erkenntnissen westlicher Militärs eine russische Großoffensive mit Zehntausenden Soldaten und dem massiven Einsatz von Panzern, Artillerie und Luftwaffe ab. Russland habe seine Truppen dort vergangene Woche von 30.000 auf 40.000 Mann aufgestockt, sagte ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums.
Die britischen Geheimdienste erwarten in den kommenden zwei bis drei Wochen verstärkte Gefechte im Osten. Die Angriffe Russlands blieben fokussiert auf Ziele nahe Donezk und Luhansk, hieß es. Außerdem gebe es einen neuen Vorstoß in Richtung der Stadt Kramatorsk. Die Briten sehen unter Berufung auf ihre Geheimdienste außerdem Anzeichen dafür, dass weitere russische Truppen aus Belarus abgezogen werden - wohl mit der Absicht, sie in der Ostukraine einzusetzen.
Wie der örtliche Gouverneur mitteilte, wurden im Gebiet Charkiw durch russischen Artilleriebeschuss mindestens acht Zivilisten getötet. Die Behörden warnten die Bevölkerung zudem vor Landminen, die auf die nordöstliche Stadt abgeworfen worden seien. Am Montag sperrten die Sicherheitskräfte ein Gebiet im Osten von Charkiw ab, um eine Reihe kleiner, in Wohnstraßen verstreuter Sprengsätze zu beseitigen.