Krieg gegen die Ukraine Neuer Beschuss, neue Verteidigungslinie
Der russische Beschuss ukrainischer Städte dauert an, während nach westlicher Einschätzung russische Soldaten am Fluss Oskil Verteidigungsstellungen errichten. Gute Nachrichten gibt es für die Versorgung des AKW Saporischschja.
Das russische Verteidigungsministerium vermeldet Erfolge im Krieg gegen die Ukraine. In der Nähe der Ortschaft Pravdine in der Region Cherson sei ein ukrainischer Vorstoß zurückgeschlagen worden, sagte Ministeriumssprecher Igor Konashenkow bei einer Pressekonferenz in Moskau. Dabei seien sieben Panzer und 13 andere Fahrzeuge der 28. mechanisierten Brigade der ukrainischen Armee zerstört worden.
Pravdine liegt zwischen Mykolajiw und dem russisch besetzten Cherson. Die ukrainische Armee führt seit Wochen eine Gegenoffensive im Gebiet Cherson durch. Die Angaben aus Kiew dazu sind sehr spärlich, viele westliche Experten gehen davon aus, dass die Ukraine zwar Geländegewinne erzielt, dabei aber auch hohe Verluste erleidet. Russische Behauptungen über ukrainische Verluste gelten häufig als übertrieben.
Russischer Beschuss in mehreren Gebieten gemeldet
Das Moskauer Ministerium gab zudem bekannt, im Norden sowie Osten der Ukraine Ziele im Raum Charkiw und Donezk beschossen zu haben. Dies bestätigte die ukrainische Seite. Durch einen russischen Raketenangriff sei ein Feuer im Industriegebiet von Charkiw verursacht worden, teilte Gouverneur Oleh Synjehubow mit.
In der Region Saporischschja sei ein Mensch bei Beschuss der Stadt Orichiw verletzt worden, so Gouverneur Oleksandr Staruch bei Telegram. In zwei Dörfern sollen "zivile Einrichtungen" zerstört worden sein. In der zentralukrainischen Region Dnipropetrowsk schlugen in der Nacht nach Angaben des Gouverneurs Walentyn Resnitschenko mehr als 90 russische Geschosse ein.
Russland baut wohl Stellungen am Oskil aus
Nach Erkenntnissen des britischen Verteidigungsministeriums versucht die russische Armee, eine neue Verteidigungslinie im Nordosten der Ukraine zu errichten. Befestigungen würden zwischen dem Oskil-Fluss und der Stadt Swatowe etabliert. Dies würde sich mit älteren russischen Angaben decken, dass sich Einheiten als Reaktion auf die ukrainische Gegenoffensive bei Charkiw am Fluss Oskil "neu gruppiert" hätten.
Das britische Verteidigungsministerium vermutet, dass Russland das Gebiet hartnäckig verteidigen werde, weil dort eine Hauptversorgungsroute verlaufe. Es bleibe aber unklar, ob Russland einem weiteren konzertierten Angriff der Ukraine standhalten könnte. Die Verteidigungslinie verläuft zudem an der Grenze zur Region Luhansk, deren "Befreiung" Russland zu einem primären Kriegsziel erklärte. "Jeder substanzielle Verlust von Territorium in Luhansk wird unzweifelhaft Russlands Strategie untergraben", so das Ministerium in London.
Die Ukraine konnte bei ihrer Gegenoffensive große Geländegewinne erzielen. Dieses Foto soll Soldaten zeigen, die sich im Raum Isjum kurz ausruhen.
ISW: Oskil bereits überschritten
Möglicherweise haben ukrainische Einheiten den Fluss Oskil an einigen Stellen bereits überqueren können. Dies schreibt zumindest die US-Nichtregierungsorganisation "Institute for the study of war" (ISW), die seit Kriegsbeginn öffentlich zugängliche Quellen zu Tagesberichten und Analysen verarbeitet. Demnach legten Satellitenaufnahmen nahe, dass die ukrainische Armee am Ostufer Artillerie platziert habe. Sollte die Ukraine ihre Gegenoffensive im Nordosten wieder auf breiter Front aufnehmen, könnten die russischen Soldaten diese vermutlich nicht aufhalten, so das ISW.
Ersatzteile sollen AKW erreicht haben
Widersprüchliche Angaben gibt es zur Situation rund um das Atomkraftwerk Saporischschja. Das russische Verteidigungsministerium behauptet, das Gelände sei erneut von ukrainischer Artillerie beschossen worden. Das ukrainische Außenministerium weist diesen Vorwurf entschieden zurück.
Das Atomkraftwerk war im März von russischen Streitkräften eingenommen worden, wird aber weiterhin von ukrainischem Personal betrieben. Der letzte laufende Reaktor war am vergangenen Sonntag heruntergefahren worden, nachdem nach Stromausfällen wegen Beschusses grundlegende Sicherheitssysteme gefährdet waren. Für den Beschuss der Anlage machen sich die Ukraine und Russland gegenseitig verantwortlich.
Inzwischen konnte eine der vier Hauptstromleitungen repariert werden, so dass das AKW mit Elektrizität aus dem ukrainischen Stromnetz versorgt werden kann. Das teilte die Internationale Atomenergieagentur IAEA mit. Die vor einigen Tagen ebenfalls reparierten Notstromleitungen würden nun wieder als Reserve vorgehalten, so die IAEA.
Zudem soll ein Konvoi von 25 Lastwagen mit Diesel-Treibstoff und anderen wichtigen Vorräten die Atomanlage erreicht haben. Die Lastwagen konnten nach Angaben des ukrainischen Kernkraftwerksbetreibers Enerhoatom am Freitag russische Kontrollposten passieren, um Ersatzteile für Reparaturen beschädigter Stromleitungen, Chemikalien für den Betrieb der Anlage und zusätzlichen Treibstoff für Notfallgeneratoren zu liefern.