Ein Bewohner trägt seine Katze, die aus seinem Haus gerettet wurde, nachdem es von einer Granate getroffen worden war.

Krieg gegen die Ukraine Russland setzt Angriffe auf Städte fort

Stand: 14.03.2022 15:38 Uhr

Russland hat in der Ukraine erneut mehrere Städte angegriffen. Im Norden Kiews starb mindestens ein Mensch beim Beschuss eines Wohnhauses. Kiew dementierte, dass es beim Einschlag einer ukrainischen Rakete 20 Tote in Donezk gegeben habe.

Russland hat die Angriffe auf ukrainische Städte fortgesetzt. Nach ukrainischen Angaben wurden Vororte im Nordwesten der Hauptstadt Kiew unter Artilleriebeschuss genommen. Außerdem seien Ziele östlich der Hauptstadt beschossen worden, sagte der Chef der Regionalverwaltung im Großraum Kiew, Oleksij Kuleba. Ein Stadtrat aus Browary östlich von Kiew sei bei Kämpfen dort getötet worden, sagte Kuleba im ukrainischen Fernsehen. Er berichtete zudem von nächtlichen Angriffen auf die nordwestlichen Städte Irpin, Butscha und Hostomel.

Bei Luftangriffen wurden Wohngebäude nahe der wichtigen südlichen Stadt Mykolajiw getroffen, ebenso in der zweitgrößten Stadt Charkiw. In der Region Riwne im Nordwesten wurde nach Angaben des Präsidentenbüros ein Fernsehturm getroffen. Explosionen gab es in der Nacht zudem um die von Russland besetzte Hafenstadt Cherson. Drei Luftangriffe trafen in der Nacht die nördliche Stadt Tschernihiw, in weiten Teilen der Stadt gab es keine Heizung.

Russlands Krieg gegen die Ukraine geht unvermindert weiter

Mathea Schülke, WDR, tagesschau 16:00 Uhr

Pro-russische Separatisten: 20 Tote in Donezk

In der ostukrainischen Großstadt Donezk sind nach Angaben der prorussischen Separatisten mindestens 20 Menschen durch Trümmer einer ukrainischen Rakete getötet worden. Außerdem seien neun Menschen verletzt worden, sagte der Anführer der Separatisten im Gebiet Donezk, Denis Puschilin, der russischen Agentur Tass zufolge. Das Geschoss vom Typ Totschka-U sei zwar abgefangen worden, Teile seien aber im Stadtzentrum niedergegangen, meldete die Agentur Tass. 

Belege legte das russische Verteidigungsministerium nicht vor. Die Angaben lassen sich von unabhängiger Seite nicht überprüfen.

Die Ukraine weist den Vorwurf zurück, wonach 20 Menschen beim Einschlag einer ukrainischen Rakete in der östlichen Stadt Donezk getötet worden sein. "Es handelt sich eindeutig um eine russische Rakete oder eine andere Munition", sagt ein ukrainischer Militärsprecher. "Es ist sinnlos, überhaupt darüber zu reden."

Die schraffierten Bereiche zeigen die von den Russen kontrollierten Gebiete in der Ukraine.

Die schraffierten Bereiche zeigen die von den Russen kontrollierten Gebiete in der Ukraine.

Toter nach Beschuss eines Wohnhauses

Am Morgen wurde ein neunstöckiges Wohnhaus im Norden Kiews von Artilleriefeuer getroffen - dabei wurden mehrere Wohnungen zerstört, ein Feuer brach aus. Die staatliche Notfallbehörde veröffentlichte Bilder von dem Gebäude, aus dem Rauch aufstieg. Nach Angaben des Rettungsdienstes wurde mindestens eine Person getötet, drei weitere seien ins Krankenhaus gebracht und neun vor Ort behandelt worden.

Flugzeugbau-Unternehmen angegriffen

Außerdem wurde in Kiew ein bekanntes Flugzeugbau-Unternehmen angegriffen. "Die Besatzer haben das Antonow-Werk beschossen", teilte die Stadtverwaltung im Nachrichtenkanal Telegram mit. Rettungskräfte seien vor Ort. Dabei sei ein Menschen getötet und sieben weitere Personen verletzt worden, teilte die Stadtverwaltung mit.

Das Portal "strana.news" veröffentlichte Fotos und Videos, die eine riesige Rauchwolke über der Fabrik zeigen sollen. Einzelheiten lagen zunächst nicht vor. Das Unternehmen baut nach eigenen Angaben sowohl Fracht- als auch Passagierflugzeuge.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Ukrainische Verteidigungsstellungen unter Beschuss


Der Generalstab der ukrainischen Armee beschuldigte russische Streitkräfte, Feuerstellungen und militärische Ausrüstung in Kirchen und anderer ziviler Infrastruktur unterzubringen, damit die ukrainischen Streitkräfte nicht zurückschießen könnten. Dies konnte zunächst nicht unabhängig bestätigt werden, wenngleich die Nachrichtenagentur AP gepanzerte russische Fahrzeuge in Wohngebieten beobachtet hat.

Der Generalstab erklärte, russische Truppen hätten aber trotz einer Ausweitung der Angriffe Richtung Westen in den vorangegangenen 24 Stunden keine großen Geländegewinne verzeichnet. Das russische Verteidigungsministerium hingegen erklärte, die russischen Streitkräfte seien innerhalb von 24 Stunden elf Kilometer vorgerückt und hätten fünf Städte nördlich von Hafenstadt Mariupol erreicht.

Mariupol: Schwangere Frau und Kind gestorben

In der ebenfalls unter Beschuss liegenden Hafenstadt Mariupol sind nach ukrainischen Angaben bisher mehr als 2500 Bewohner getötet worden. Eine schwangere Frau und ihr ungeborenes Kind starben nach der Bombardierung einer Entbindungsklinik in Mariupol. Das russische Militär hatte die Klinik am Mittwoch beschossen.

Vertreter Russlands hatten mit dem Vorwurf der Kriegsverbrechen konfrontiert erklärt, die Entbindungsklinik sei von ukrainischen Extremisten übernommen worden, die diese als Basis genutzt hätten. Patienten oder medizinisches Personal sei nicht mehr in der Klinik gewesen, behaupteten sie. Der russische UN-Botschafter und die russische Botschaft in London sprachen mit Blick auf die Bilder aus Mariupol von "Fake News".

Zehn Fluchtkorridore vereinbart

Für heute sind nach Angaben der ukrainischen Regierung zehn Fluchtkorridore vereinbart, durch die Zivilisten unter Beschuss liegende Orte verlassen können. Dies betreffe unter anderem Städte in der Nähe der Hauptstadt Kiew und in der Region Luhansk im Osten, sagte Vize-Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk. Es werde zudem erneut versucht, Hilfskonvois mit Lebensmitteln und Medikamenten von Berdjansk im Südosten der Ukraine in das eingekesselte Mariupol hineinzubringen, sagt sie in einer Videobotschaft.

Mehr als 160 Fahrzeuge von Privatpersonen haben nach Darstellung der Verwaltung von Mariupol die belagerte Stadt verlassen können. Dies sei der Stand um 13.00 Uhr (Ortszeit; 12.00 Uhr MEZ), heißt es im Internet. Sie seien in Richtung der von Russland besetzten Stadt Berdjansk unterwegs. In den vergangenen Tagen sind mehrere Versuche gescheitert, die in Mariupol eingeschlossenen Zivilisten zu evakuieren.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 14. März 2022 um 09:00 Uhr.