Krieg gegen die Ukraine Kiew ordnet Rückzug aus Sjewjerodonezk an
Seit gut einem Monat ist die ostukrainische Stadt Sjewjerodonezk schwer umkämpft. Die Ukraine hat jetzt den Rückzug ihrer Truppen angeordnet. Russland kommt damit einem Hauptziel näher, das Gebiet Luhansk zu erobern.
Vier Monate nach Kriegsbeginn hat die Ukraine den Rückzug ihrer Truppen aus der umkämpften Stadt Sjewjerodonezk im Osten des Landes angeordnet. Das sagte der Gouverneur des Gebiets Luhansk, Serhij Hajdaj, im Fernsehen. Sjewjerodonezk zählte bislang zu den letzten Teilen von Luhansk, die noch nicht von russischen und prorussischen Kämpfern erobert waren.
"Es ist jetzt eine Situation, in der es keinen Sinn hat, in zerschlagenen Stellungen auszuharren", so Hajdaj. Die Zahl der Toten würden dann stark steigen. "Deshalb haben unsere Verteidiger, die dort sind, bereits den Befehl erhalten, sich in neue Positionen zurückzuziehen und von dort aus normale, vollwertige Militäroperationen durchzuführen."
Stadt fast vollständig zerstört
Den Angaben des Gouverneurs zufolge sind in Sjewjerodonezk mittlerweile bis zu 90 Prozent der Häuser zerstört. "Die Russen rücken vor, ohne Munition oder Truppen zu sparen, und beides geht ihnen nicht aus", sagte Hajdaj der Nachrichtenagentur AP. "Sie haben einen Vorteil bei schwerer Artillerie und der Zahl der Soldaten."
Russland hat die Ukraine am 24. Februar überfallen und konzentriert sich seit Wochen auf Angriffe im Osten des Nachbarlandes. Die Eroberung des Gebiets Luhansk - ebenso wie die des angrenzenden Gebiets Donezk - zählt zu Russlands erklärten Hauptzielen.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Sjewjerodonezk gilt als strategisch wichtig. Sollte die Industriestadt fallen, wäre bis auf die ebenfalls schwer umkämpfte Nachbarstadt Lyssytschansk fast die ganze Region Luhansk in russischer Hand. Damit würden die russische Armee und die mit ihr verbündeten Separatisten bei ihrem Versuch erheblich vorankommen, den Donbass vollständig unter ihre Kontrolle zu bringen.
Truppen rücken auf Lyssytschansk vor
Sjewjerodonezk stand bereits zuletzt größtenteils unter der Kontrolle russischer Truppen, auch wenn sie noch auf Widerstand trafen. In der nahe gelegenen Stadt Lyssytschansk rückten russische Soldaten ebenfalls bis an den Stadtrand vor.
Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.
Nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums zogen sich ukrainische Soldaten aus einigen Gebieten nahe Lyssytschansk zurück, um der Einkesselung zu entgehen. Der ukrainische Generalstab teilte mit, russische Truppen hätten die Dörfer Loskutiwka und Raj-Oleksandriwka eingenommen und versuchten, die Siedlung Syrotyne vor Sjewjerodonezk einzunehmen.
Tote bei Absturz eines Militärflugzeugs
Die Nachrichtenagentur Interfax meldete unterdessen, dass beim Absturz eines Militärtransportflugzeugs vier Menschen gestorben seien. Fünf weitere seien unweit der Stadt Rjasan 200 Kilometer südöstlich von Moskau verletzt worden, meldete die Agentur unter Berufung auf die Gebietsverwaltung.
Zuvor hatte das russische Verteidigungsministerium mitgeteilt, dass an der Maschine des Typs Iljuschin Il-76 während eines Trainingsflugs eine Triebwerkstörung festgestellt worden sei. Deshalb habe sich die Besatzung für eine Notlandung entschieden, bei der das Flugzeug stark beschädigt worden sei.