Russland-Ukraine-Konflikt Selenskyj verlangt "Sicherheitsgarantien"
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat die Sanktionen gegen Russland begrüßt. Das Land habe das Minsker Abkommen gebrochen, sagte er. Unterdessen räumte Russland seine diplomatischen Vertretungen in der Ukraine.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat angesichts der Furcht vor einem russischen Großangriff Sicherheitsgarantien für sein Land gefordert. "Die Ukraine braucht Sicherheitsgarantien. Klar, konkret und sofort", sagte Selenskyj nach einem Treffen mit seinem polnischen Kollegen Andrzej Duda und dem litauischen Präsidenten Gitanas Nauseda in Kiew.
"Wir machen uns keine Illusionen darüber, dass die Ukraine nicht Teil irgendwelcher Sicherheitsbündnisse ist", sagte er weiter. "Wir verteidigen uns selbst mit der Unterstützung unserer Partner. Aber es sind die Ukrainer, die sterben. Deshalb braucht die Ukraine Klarheit". Er glaube, dass Russland "zu den Ländern gehören muss, die klare Sicherheitsgarantien geben".
Russland habe einseitig das Abkommen von Minsk gebrochen, sagte Selenskyj. Er habe oft vorgeschlagen, dass sich der russische Präsident Wladimir Putin zu Gesprächen an den Verhandlungstisch setzen sollte. Die weiteren Schritte der Ukraine hingen von den weiteren Aktionen Russlands ab. Sein Land sei "auf alles vorbereitet".
Die Separatisten kontrollieren nur den in der Karte schraffiert dargestellten Teil der ukrainischen Verwaltungsbezirke Donezk und Luhansk.
"Zukunft der europäischen Sicherheit wird jetzt entschieden"
Selenskyj bezeichnete die Anerkennung der beiden selbsternannten "Volksrepubliken" Luhansk und Donezk als unabhängige Staaten als Aggression und Verbrechen gegen die ukrainische Souveränität. In dieser Einschätzung sei er sich mit Duda und Nauseda einig. Der ukrainische Präsident bedankte sich bei seinen Amtskollegen zudem dafür, dass sie dafür plädieren, der Ukraine den Status als EU-Beitrittskandidat zu geben.
In einer gemeinsamen Erklärung verurteilten die drei Länder das Handeln Russlands. "Dieser nicht provozierte Schritt der Aggression von Russland ist ein weiterer grober Verstoß gegen die grundlegenden Normen und Prinzipien des internationalen Rechts", hieß es darin. Die internationale Gemeinschaft solle "entschlossene und weitreichende Schritte" gegen diesen aggressiven Akt Russlands unternehmen. Moskau solle seine Truppen von den Grenzen der Ukraine und aus den "besetzten Gebieten der Ukraine" abziehen.
Der Konflikt mit Russland hat nach Einschätzung des ukrainischen Präsidenten entscheidenden Einfluss auf die Zukunft Europas. "Wir teilen die Überzeugung, dass die Zukunft der europäischen Sicherheit gerade jetzt entschieden wird, hier in unserer Heimat, in der Ukraine", sagte Selenskyj. Er dankte der EU und den USA für die schnellen Sanktionen gegen Russland.
Nord Stream 2 "Waffe gegen ganz Europa"
Selenskyj begrüßte auch den vorläufigen Stopp der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2. Die Pipeline sei "eine Waffe, die gegen die Ukraine und gegen das ganze Europa gerichtet ist". Er erwarte weitere Schritte zur Stärkung des Sanktionsdrucks. Der Stopp von Nord Stream 2 sollte "unumkehrbar sein und vollständig eingestellt werden".
Die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP hatte am Dienstag einen Bericht der Vorgängerregierung zu den Auswirkungen des Erdgas-Projekts auf die Energieversorgungssicherheit zurückgezogen und damit das Vorhaben auf Eis gelegt.
Bis zu einer möglichen Entscheidung über die Zukunft von Nord Stream 2 könnte es nach Auskunft der Bundesregierung noch Monate dauern. Voraussetzung dafür wäre ein Bericht über die Auswirkungen des Projekts auf die Versorgungssicherheit. Auf die Frage, ob dessen Erstellung Wochen, Monate oder Jahre in Anspruch nehme werde, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit: "Ich rechne nicht mit Wochen."
Botschafter warnt vor "riesigem Krieg"
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk sagte im Interview mit tagesschau24, die Gefahr eines "riesigen Krieges mitten in Europa" sei mit der Ankündigung von Wladimir Putin, die Separatistengebiete anzuerkennen, massiv gewachsen. Er wünsche sich, dass Deutschland nicht nur wirtschaftliche Hilfe, sondern auch Defensivwaffen bereitstelle, so Melnyk.
Russland zieht Botschaftspersonal ab
Russland hat unterdessen mit dem Abzug von Mitarbeitern aus allen seinen diplomatischen Einrichtungen in der Ukraine begonnen. Das berichtete die amtliche russische Nachrichtenagentur Tass. Moskau verfügt über eine Botschaft in Kiew sowie über Konsulate in Charkiw, Odessa und Lwiw.
Das Außenministerium erklärte die Vertretungen würden evakuiert, um "das Leben und die Sicherheit" der Diplomaten zu schützen, hieß es zur Begründung. Russische Diplomaten in der Ukraine hätten Drohungen erhalten, zudem habe es "wiederholte Angriffe" auf die russische Botschaft in Kiew und Konsulate in anderen Städten des Landes gegeben.
Ausnahmezustand soll ausgerufen werden
Zuvor hatte das ukrainische Außenministerium in Kiew ukrainische Staatsbürger in Russland zur sofortigen Ausreise aufgefordert und von Reisen in das Land abgeraten. Der oberste Sicherheitsbeauftragte des Landes kündigte an, in den meisten Teilen des Landes den Ausnahmezustand einzuführen. Dieser solle zunächst für 30 Tage gelten und könne um weitere 30 Tage verlängert werden. In den Separatistengebieten gilt er bereits seit 2014.