Umstrittene Begnadigung Ungarns Präsidentin Novak zurückgetreten
"Ich habe einen Fehler begangen" - die ungarische Präsidentin Novak ist zurückgetreten. Sie war unter Druck geraten, weil sie einen Mann begnadigt hatte, der in einen Fall von sexualisierter Gewalt gegen Kinder verwickelt war.
Nach öffentlicher Empörung über die von ihr vorgenommene Begnadigung eines Verurteilten in einem Fall sexualisierter Gewalt gegen Kinder ist die ungarische Staatspräsidentin Katalin Novak zurückgetreten. Nur wenige Stunden zuvor war sie vorzeitig von einem offiziellen Besuch aus Katar zurückgekehrt. Sie war seit 2022 im Amt und die erste Frau an der Spitze des ungarischen Staats.
"Ich habe eine Begnadigung ausgesprochen, die bei vielen Menschen Verwirrung und Unruhe ausgelöst hat", sagte die frühere Familienministerin. "Ich habe einen Fehler begangen." Ihrer Entscheidung waren tagelange Proteste vorausgegangen. So hatten am Freitagabend in Tausende Demonstranten in Budapest ihren Rücktritt verlangt.
Novak hatte 2023 anlässlich des Besuchs von Papst Franziskus einige Menschen begnadigt - auch den früheren Vizedirektor eines staatlichen Kinderheims. Dies hatte das investigative Nachrichtenportal 444 öffentlich gemacht. Der Mann war 2018 als Mittäter zu mehr als drei Jahren Haft verurteilt worden, weil er beim Vertuschen des vom Direktor der Einrichtung begangenen Missbrauchs geholfen habe. Dem Gerichtsurteil zufolge hatte er Kinder dazu gezwungen, ihre Zeugenaussagen als Missbrauchsopfer gegen den Heimleiter zu widerrufen, um seinen Chef zu entlasten. Über Jahre hinweg hatte er von der sexualisierten Gewalt gegen Kinder gewusst. Der Heimleiter wurde zu acht Jahren Gefängnis verurteilt.
Dem Rücktritt waren massive Proteste vorausgegangen.
Orban distanzierte sich von einstiger Mitstreiterin
In Ungarn spielen Staatschefs politisch eine untergeordnete Rolle. Sie werden vom Parlament gewählt, in der Regel auf Vorschlag der stärksten Partei. Die Besetzung dieses Amts mit Novak, bis dahin einflussreiche Politikerin in Orbans Partei Fidesz, hatte Premier Viktor Orban vorgeschlagen.
Mit der Begnadigung war Novak auch der Politik Orban zuwidergelaufen, der öffentlich den Schutz von Kindern fordert. Der rechtspopulistische Ministerpräsident hatte sich zuletzt öffentlich von seiner früheren politischen Mitstreiterin Novak distanziert. Er brachte den Vorschlag für eine Verfassungsänderung ins Parlament ein, der zufolge Straftäter, deren Opfer Kinder sind, niemals begnadigt werden dürfen.
Ex-Justizministerin verzichtet auf Kandidatur
Auch die frühere Justizministerin Judit Varga geriet wegen des Falls in die Kritik. Sie musste den Begnadigungen zustimmen. Es war erwartet worden, dass Varga die Liste der Kandidaten der ungarischen Regierungspartei Fidesz für die Wahl zum Europäischen Parlament im Sommer anführen werde. Nun kündigte Vargas bei Facebook an, dass sie die Verantwortung für ihr Vorgehen übernehme und sich aus dem öffentlichen Leben zurückziehe. Sie lege ihren Sitz im Parlament nieder und ziehe sich auch von der Wahlliste zum EU-Parlament zurück.