Verklärungskirche von Odessa Russische Propaganda in der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche?
Die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche hatte sich vom Moskauer Patriarchat losgesagt. Dennoch werde etwa in der Verklärungskirche von Odessa russische Propaganda gepredigt, berichten Gläubige - trotz eines Angriffs auf die Kirche.
Es wird gehämmert und gebohrt in der Spaso-Preobraschenskyj Kirche in Odessa, auf Deutsch Verklärungskathedrale. Das Gotteshaus kann restauriert werden, das ist die gute Nachricht von Miroslaw Datowitsch.
Er trägt einen blauen Schutzhelm und die lange schwarze Soutane weht um seine Beine, während er durch den kühlen, hohen Hauptraum der Kathedrale führt. Der russische Angriff auf die Kirche sei ein harter Schlag, so der braunhaarige Priester. Russland wolle die Ukraine angeblich befreien, allerdings frage es sich wovon.
UOK-Priester Miroslaw Datowitsch möchte nicht über prorussische Haltungen des Metropoliten reden.
Metropolit von Odessa gratulierte Putin
Die Verklärungskathedrale gehört zur Ukrainisch-Orthodoxen Kirche - kurz UOK. Diese löste sich erst drei Monate nach dem Beginn der russischen Großinvasion offiziell vom Moskauer Patriarchat. Das Oberhaupt des Patriarchats von Moskau, Kirill, ist ein glühender Anhänger des russischen Angriffskriegs und segnet Moskaus Waffen gegen die Ukraine. Der UOK-Metropolit von Odessa und Ismail, Agafangel, verurteilte den russischen Angriff auf Odessa und die Verklärungskirche. Doch in der Vergangenheit trat er oft als enthusiastischer Unterstützer Russlands auf, weshalb ihn manche den "roten Metropoliten" nennen.
"Unsere Gebete wurden erhört" - so gratulierte Agafangel Wladimir Putin 2012 zur Wiederwahl als russischer Präsident. Zudem saß der einflussreiche UOK-Metropolit jahrelang für die Pro-Russland "Partei der Regionen", deren Nachfolgepartei inzwischen verboten ist, im Regionalparlament von Odessa.
Der Innenraum der Verklärungskathedrale ist eine Baustelle.
"Solche Fragen beantworte ich nicht"
Seit der Zerstörung führt Datowitsch durch die Verklärungskirche, er ist ein enger Mitarbeiter Agafangels. Etwa 50 Interviews habe er geführt, doch Fragen nach der Haltung des Metropoliten Agafangel beantwortet er nicht. Die Kirche solle sich nicht in die Politik einmischen, sagt er. Die UOK - die sich erst im Mai 2022 vom Moskauer Patriarchat lossagte - sei schon seit mehr als 30 Jahren nicht mehr mit Moskau verbunden, behauptet er unwirsch.
Wenn Sie fragen, was diese oder jene Person gesagt hat, kann ich das nicht beantworten. Ich frage Sie ja auch nicht, was Angela Merkel heute denkt oder vor zehn Jahren dachte und es interessiert mich auch nicht.
Afanasji sieht Täuschung in Spenden
Vor der Verklärungskathedrale wirbt ein Banner auf Ukrainisch für Spenden für den Wiederaufbau, ein Priester betet, einige ältere Frauen bekreuzigen sich und murmeln mit. Gläubige würden bewusst getäuscht, denn die UOK sei immer noch die russische Kirche, so der Erzbischof von Odessa und Balta, Afanasji.
Er gehört der zweiten orthodoxen Kirche in der Ukraine an. Diese wurde 2018 mit staatlicher Unterstützung gegründet und hat mit Russland nichts zu tun. Die Spenden für die Reparatur der Verklärungskirche gingen direkt an die Propagandisten Russlands, so das Oberhaupt der Diözese Odessa.
"Die Verklärungskirche wird offiziell von der russisch-orthodoxen Kirche in der Ukraine genutzt. Ihre Priester predigen dort für die russische Welt und gegen die Ukraine", so Afanasji.
"Wir sind die echte orthodoxe Kirche in der Ukraine, die anderen machen Russland-Propaganda", sagt Erzbischof Afanasji.
Gläubige werden beeinflusst
Erzbischof Afanasji sitzt in einem Nebenraum der Christi-Geburt-Kathedrale in Odessa, wo gerade Gottesdienst abgehalten wird - anders als bei der UOK auf Ukrainisch. Die Gläubigen wüssten oft gar nicht, in welcher Kirche sie beten würden, so seine Einschätzung. Bei russischer Propaganda würden jedoch viele hellhörig.
Auch Gottesdienst-Besucherin Natalja traute ihren Ohren nicht. Nachdem ihr Sohn Oleksyj an der Front fiel, suchte sie Trost bei einem UOK-Priester und bekam stattdessen russische Propaganda zu hören. "Sie sagten, dass wir bedrängt würden, dass Amerika das alles tun würde und dass wir und die Russen Brüder seien", erzählt sie.
Er bekomme oft Anrufe von Gläubigen, die von solchen Vorfällen berichten, sagt Afanasji von der noch jungen "Orthdoxen Kirche in der Ukraine". Nach dem russischen Angriff hätten prorussische UOK-Vertreter verbreitet, die Verklärungskirche sei von ukrainischer Flugabwehr und nicht von einer russischen Rakete getroffen worden.
Mehr als 60 Fälle von Spionage und Kollaboration
Russlands Krieg gegen die Ukraine begann 2014 im Donbass und schon damals hätten Vertreter der "Ukrainisch-Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats" die Demokratie untergraben, so Erzbischof Afanasji über seine Erfahrungen im ostukrainischen Luhansk.
Dort habe ich Geistliche gesehen, die kollaboriert haben und sie nahmen sogar eine Waffe in die Hand, um zu töten, um gegen alles Ukrainische zu kämpfen.
Seit dem Beginn der russischen Großinvasion hat der ukrainische Geheimdienst nach eigenen Angaben mehr als 60 Fälle von Spionage für Russland und Kollaboration in der UOK aufgedeckt. Die Verdächtigen hätten etwa ukrainische Militärpositionen an Moskau verraten oder ganz offen pro-Putin Propaganda verbreitet. Auch im Kiewer Höhlenkloster wurde im November 2022 dem Angreiferland Russland offen gehuldigt - mit einem Lied für Russland.
Dem Abt des Höhlenklosters wird ebenfalls Kollaboration und Schüren von religiösem Hass vorgeworfen. Er wurde Mitte August gegen Kaution aus der Untersuchungshaft entlassen.
Machtkampf mit der ukrainischen Führung
Zwischen der UOK und der ukrainischen Führung tobt seit Monaten ein erbitterter Machtkampf. Die Ukraine sei eines der historischen Zentren des Christentums, das betonte Präsident Wolodymyr Selenskyj kürzlich und wiederholte, religiöse Toleranz gehöre zum Selbstverständnis der Ukraine. Mit Blick auf die UOK, die bis vor kurzem zum Moskauer Patriarchat gehörte, sagte er: "Der Staat wird niemals zulassen, dass eine der ukrainischen Religionsgemeinschaften von einem Aggressorstaat benutzt wird."
In der Verklärungskirche in Odessa gehen die Reparaturen unterdessen weiter. Solange die UOK dort den Ton angibt, macht sich Erzbischof Afanasji keine Illusionen. "Es hat dort in der Vergangenheit immer russische Propaganda gegeben, es gibt sie jetzt und es wird immer so bleiben."