Kritik an Stillstand bei Zeitumstellung "Mini-Jetlag beenden"
2018 stimmten die EU-Bürger für das Ende der Zeitumstellung. Seitdem ist viel Zeit vergangen und - nichts passiert. Das sorgt für Kritik. Während sich die EU selbst blockiert, werden am Sonntag wieder mal die Uhren umgestellt.
Brüssel muss schon wieder über die Zeitumstellung reden. Denn sie ist immer noch nicht abgeschafft. Obwohl das eigentlich schon längst passiert sein sollte - eigentlich. 2018 hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, dass mit dem Wechsel zwischen Sommer- und Normalzeit Schluss sein soll.
Bei der mit Abstand erfolgreichsten Onlineumfrage der Behörde waren schließlich mehr als 80 Prozent der 4,6 Millionen Teilnehmer dafür. Vor allem Deutsche, plus ein paar Stimmen aus Österreich und Luxemburg. Auch das Europaparlament hat den Vorschlag mit großer Mehrheit unterstützt. Was noch fehlt, ist die Zustimmung der 27 EU-Länder. Aber die machen schon seit Jahren einfach nichts.
Der Ball liegt bei den Mitgliedsstaaten
"Die letzte Diskussion hat 2019 stattgefunden", sagt Kommissionssprecher Adalbert Jahnz. "Der Ball liegt damit weiter im Spielfeld der Mitgliedsstaaten." Und da wird er auf absehbare Zeit auch liegen bleiben. Denn ganz offensichtlich hat in den europäischen Hauptstädten gerade keiner Lust, sich mit dem leidigen Thema zu beschäftigen.
Aus Berlin heißt es unter der Hand, dass Europa angesichts von Corona-Pandemie, dem Krieg in der Ukraine und Energiekrise im Moment ganz andere Sorgen hat. Der CSU-Europapolitiker Markus Ferber ist ein erklärter Gegner der Zeitumstellung und will sich mit dem EU-Mikado nicht abfinden:
Ich kann nur die Verkehrsminister auffordern, sich jetzt endlich zusammenzusetzen. Das künstliche Drehen an der Uhr ist wie ein Mini-Jetlag, den wir uns jedes halbe Jahr selbst auferlegen. Das sollte jetzt beendet werden.
Europaweite Koordinierung nötig
Allerdings ist die Sache komplizierter als gedacht. Denn jedes EU-Land muss für sich entscheiden, ob seine Bürger dauerhaft in der Sommer- oder der Normalzeit leben sollen. Und damit fangen die Probleme erst an. Gibt es weiter eine große Zeitzone mit 16 Ländern? Oder müssen Grenzpendler jeden Tag zweimal die Uhr umstellen? Was ist mit der Bahn und den Flughäfen? Wird es im Winter in Spanien demnächst erst um 10 Uhr hell, in Polen dafür schon um 14:30 Uhr dunkel? Fragen über Fragen. Alles nicht ganz einfach, aber lösbar, glaubt der SPD-Europaabgeordnete Ismail Ertug:
Die Mitgliedsstaaten sind aufgefordert, klar und deutlich auch vom Europäischen Parlament, hier eine Lösung zu finden, wie man mit der Zeitumstellung umgeht, und wenn man die Zeitumstellung abschafft, wie man letztendlich sicherstellt, dass es keinen Flickenteppich in der EU gibt. Deswegen ist es äußerst befremdlich, dass sich die Mitgliedsstaaten überhaupt nicht damit befassen.
Liefert die EU-Kommission nicht?
Die Länder aber schieben den schwarzen Peter Richtung EU-Kommission. Denn die hat laut der tschechischen Ratspräsidentschaft die verlangte umfassende Folgenabschätzung für ein Ende der Zeitumstellung nicht geliefert - was die Brüsseler Behörde allerdings ganz anders sieht. Eric Mamer, Sprecher der Kommissionspräsidentin von der Leyen, nimmt es mit Humor und freut sich, dass er am Wochenende eine Stunde länger schlafen kann.
Der aktuelle Stand ist, dass ich mich auf die Zeitumstellung am Sonntag freue, eine Stunde länger zu schlafen ist hochwillkommen, und das geht sicher vielen so.
Und trotzdem: Die Lage ist verfahren - und die Wahrscheinlichkeit, dass aus der Sache nichts mehr wird, inzwischen ziemlich groß. Das befürchtet auch die EU-Abgeordnete der Grünen, Anna Deparnay-Grunenberg, und warnt von einem "langsamen Sterben" des Vorhabens.