Fragen und Antworten Darum geht's im Streit um den Notstand
Wie begründet Trump die Ausrufung des Notstands? Woher soll das Geld für die Mauer zu Mexiko jetzt kommen? Wie argumentieren seine Gegner? tagesschau.de beantwortet zentrale Fragen.
Was bedeutet der Nationale Notstand?
Der US-Präsident ist dazu berechtigt, einen Notstand zu erklären. Den Rahmen dafür gibt ein Gesetz von 1976 vor, der "National Emergencies Act". Es erlegt dem Präsidenten keine Bedingungen für die Notstandsdeklaration auf. Er muss den Schritt lediglich konkret begründen. Hat der Präsident den Notstand ausgerufen, kann er für konkrete Maßnahmen auf einzelne gesetzliche Regelungen für diverse Notstandssituationen zurückgreifen. Es gibt hunderte solcher Regelungen.
Der Notstand ist nicht gleichbedeutend mit einem landesweiten Ausnahmezustand, wie er beispielsweise nach dem Putschversuch vom Juli 2016 in der Türkei verhängt wurde und mit dem Grundrechte eingeschränkt wurden.
Wie begründet Trump den Notstand?
Trump argumentiert in der Erklärung, dass an der Grenze zu Mexiko eine "Sicherheits- und humanitäre Krise" herrsche, die nationale Sicherheitsinteressen bedrohe - und daher einen Nationalen Notstand darstelle. Bei einer Pressekonferenz am Freitag wählte er drastische Worte: "Wir reden von einer Invasion in unser Land." Drogenhändler, Menschenschmuggler und kriminelle Banden würden aus Mexiko eindringen. "Monströse Karawanen" mit illegalen Migranten versuchten, die Grenze zu überwinden.
Hintergrund ist der Streit um den Bau einer Mauer zu Mexiko, die Trump seinen Wählern im Wahlkampf versprochen hatte. Die Hoheit über den Haushalt hat in den USA der Kongress. Der hat Trump in einem Budgetgesetz für das bis Ende September laufende Haushaltsjahr aber nur 1,375 Milliarden Dollar für "neue physische Barrieren" bewilligt. Dies ist weniger als ein Viertel der 5,7 Milliarden Dollar, die Trump für den Bau einer Mauer verlangt hatte.
Durch die Erklärung des Notstands will Trump nun an Geld für die Mauer kommen, ohne dass der Kongress das bewilligen müsste. Trump räumte in seiner Notstandserklärung selbst ein: "Ich musste das nicht tun." Aber er wolle die Mauer schneller bauen als auf anderem Weg möglich.
Nancy Pelosi, Mehrheitsführerin der Demokraten im Repräsentantenhaus und damit Trumps wichtigste Gegenspielerin, schrieb auf Twitter, diese Aussage sei das deutlichste Zeichen dafür, dass Trumps Notstandserklärung unrechtmäßig sei. Es gebe keine Krise an der Grenze. Trumps Schritt sei daher ein Verstoß gegen die Verfassung.
In New York gab es bereits kurz nach Trumps Erklärung Proteste.
Woher soll das Geld nun kommen?
Durch die Notstandserklärung will Trump nun Geld aus anderen Töpfen umwidmen und so insgesamt acht Milliarden Dollar für den Bau von Grenzbarrieren zusammentragen. Der Löwenanteil dieser Mittel soll aus dem Verteidigungsressort kommen - aus Mitteln, die eigentlich für Baumaßnahmen und zur Drogenbekämpfung gedacht waren.
Aus Sicht von Kritikern werden diese Gelder nun zweckentfremdet. Nicht nur Demokraten, auch einige Republikaner sehen darin einen gefährlichen Präzedenzfall.
Warum stellt der Kongress sich quer?
Um die Mittel für seine Grenzmauer im Haushalt bewilligt zu bekommen, ist Trump auf die Stimmen der Demokraten im Kongress angewiesen, der aus dem Abgeordnetenhaus und dem Senat besteht. Die Demokraten lehnen eine Mauer, wie sie Trump fordert, aber strikt ab. Sie bestreiten außerdem, dass es die von Trump ausgerufene Krise an der Grenze zu Mexiko überhaupt gibt.
Auch mehrere Republikaner wandten sich gegen die Notstandserklärung. Senatorin Susan Collins stellte schon vorab in Frage, ob die Maßnahme verfassungskonform sei.
Kann der Kongress den Notstand kippen?
Der Kongress hätte theoretisch die Möglichkeit, die Notstandserklärung mit einer Resolution anzufechten. Diese müsste von beiden Kammern verabschiedet werden.
Legt Trump sein Veto dagegen ein, könnte der Kongress dieses noch überstimmen. Dazu bräuchte es aber sowohl im Repräsentantenhaus, in dem die Demokraten die Mehrheit haben, als auch im republikanisch dominierten Senat eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Dass sich eine solche Mehrheit in beiden Kammern finden würde, gilt aber als extrem unwahrscheinlich.
Welche Argumente haben Trumps Ankläger?
Eine Koalition von 16 US-Bundesstaaten, unter ihnen Kalifornien und New Mexico, hat vor einem Bundesgericht in San Francisco eine Sammelklage gegen die Notstandserklärung Trumps eingereicht. New Yorks Generalstaatsanwältin Letitia James begründetete den Schritt: "Einen nationalen Notstand auszurufen, wenn es keinen gibt, ist unmoralisch und illegal."
Schon zuvor hatte der Präsident sich keinen Illusionen hingegeben. "Ich erwarte, verklagt zu werden", sagte der Präsident am Freitag. Er hielt es für möglich, vor Gericht zunächst zu unterliegen. Er will in diesem Fall dann aber bis zum Supreme Court gehen, dem Obersten Gericht.
Vor Gericht wird die Frage im Mittelpunkt stehen, ob die Situation an der mexikanischen Grenze einen Notstand überhaupt rechtfertigt. Laut Klageschrift befürchten die Bundesstaaten, dass eine Abzweigung von Militärmitteln für den Mauerbau ihrer Wirtschaft schaden könne. Ihre Militärbasen würden um Geld für dringend nötige Modernisierungen in den Stützpunkten gebracht, argumentieren sie. Schaden könne auch eine Zweckentfremdung von Finanzmitteln für den Anti-Drogen-Kampf anrichten. Die an Mexiko grenzenden US-Staaten Kalifornien und New Mexico führten ins Feld, dass eine Mauer die Wildtierbestände auf ihrem Gebiet beeinträchtigen könnte.
Unklar ist, wie lange das Gerichtsverfahren dauern und welchen Ausgang es haben wird. Geht die Klage durch mehrere Instanzen, ist eine Entscheidung in der höchsten Instanz vermutlich erst kurz vor der nächsten Präsidentschaftswahl zu erwarten.
Ist Trump der erste US-Präsident, der einen Notstand erklärt?
Nein, die Ausrufung des Notstands ist keineswegs eine Seltenheit. 59 solcher Erklärungen gab es seit dem Nationalen Notstandsgesetz von 1976, die von Trump mit einberechnet. George W. Bush etwa erklärte nach den Anschlägen des 11. September 2001 den Notstand, um den Streitkräften mehr Geld zu geben und Lauschangriffe sowie brutale Verhörmethoden anzuwenden. Barack Obama bekämpfte mittels Notstandsregelungen die Schweinepest.