Frage vom 5. Mai 2011 Wie gefährlich ist die Arbeit im Reaktorgebäude?
Zum ersten Mal seit dem Tsunami haben Arbeiter wieder ein Reaktorgebäude im AKW Fukushima betreten. Wie hoch ist das Risiko für die Männer? Und welcher Strahlung sind sie ausgesetzt? Und was genau tun sie dort?
Die ersten beiden Arbeiter, die heute früh in dem Reaktorgebäude 1 waren, haben nach 25 Minuten 2 Millisievert auf ihren Dosimetern gehabt. Das ist etwa die normale Strahlungsmenge eines Deutschen in einem Jahr. Es ist aber weit von einer akut-schädigenden Dosis weg. Im Lauf des Tages waren noch mal rund ein Dutzend Männer in dem Reaktor. In Schutzanzügen und mit Sauerstoffgeräten wie Taucher. Der Kraftwerksbetreiber will, dass sie Luftfilter und dann wohl auch eine Luftkühlung installieren, um über einen Wärmetauscher die Temperatur des Kühlmittels im Reaktordruckbehälter runterzubringen (schreibt die deutsche Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit).
Mal abgesehen davon, wie realistisch das Ganze ist: die Männer gehen ein hohes Risiko ein. Denn es keineswegs klar, wie hoch die Strahlung in welchem Gebäude nun ist. Während Roboter dort zuletzt wohl rund 50 Millisievert/h Strahlung gemessen haben, haben die Geräte von Arbeitern außerhalb aber direkt am Reaktorgebäude das Fünffache – also 250 mSv/h festgestellt. Das kann schon in den Bereich akuter Strahlenschäden führen. Und es waren mehr mehr als 1 Sv/h gemessen worden.
Arbeiter setzen sich unberechenbaren Risiken aus
Das heißt: es gibt dort große Unterschiede auf kleinem Raum. Und immer das Risiko, dass es plötzlich mehr wird. Trotzdem sind die Belastungen der Arbeiter bislang nur in zwei Fällen so hoch gewesen, dass der Grenzwert erreicht wurde. Der liegt bei 250 mSv aufgenommener Strahlung. 21 Arbeiter haben mehr als 100 mSv abbekommen.
Außer den beiden, die auch sichtbare Verbrennungen an den Beinen hatten, war bei den anderen akut nichts zu sehen. Aber das Problem ist: was ist, wenn sie später Krebs bekommen? Kritische japanische Medien weisen darauf hin, dass der Grenzwert für die Arbeiter ja angehoben worden ist. Direkt nach dem Unfall. Und zwar drastisch. Normalerweise könne ein Arbeiter, der Leukemie bekommt, schon mit der Anerkennung als Berufskrankheit rechnen, wenn er nachweist, dass er 5 mSv in einem Jahr ausgesetzt war. Das könnte mit den erhöhten Werten ganz anders sein. Immerhin sind rund 700 Arbeiter auf dem Kraftwerksgelände.
Tepco will die Lage binnen 6-9 Monate ''unter Kontrolle'' bringen
Was die Pläne von Tepco betrifft: binnen 6-9 Monaten soll die Lage “unter Kontrolle” gebracht werden. Das ist schwer zu beurteilen, weil nach wie vor nicht einmal klar ist, wie genau die Lage ist. Und es bedeutet auch nur, dass bis dahin der Austritt von radioaktivem Material weiter gehen wird. Erster Schritt ist wohl die “Luftreinigung”. Das dürfte mit Feinstaubfiltern passieren, die Zeolite und andere Mineralien enthalten – wie auch schon die Wasserfilter, die in den letzten Tagen installiert worden sind. Zeolite adsorbieren z.B. Cäsium ganz gut, manche Tonminerale auch Jod 131. Die Atome lagern sich da an, sie werden nicht “herausgesiebt”. so feinmaschig könnte kein Filter sein. Man kann aber damit sicher nur die Strahlungswerte in der Luft senken.
Fukushima bleibt ein strahlendes Monster
Die Lecks und Risse in den diversen Behältern sind nach wie vor da. Das Abklingbecken im Block 4 wohl undicht und so labil, dass jedes neue Beben auch neue Gefahr bedeutet. Nicht einmal eine Kettenreaktion ist völlig auszuschließen. Das Beste was man sagen kann: Fukushima bleibt für Monate ein strahlendes Monster.