Reaktion auf Gewalt gegen Demonstranten Sanktionen gegen das Gaddafi-Regime
Nach langem Zögern reagiert die internationale Gemeinschaft auf die Situation in Libyen. Als erster verhängte US-Präsident Obama Sanktionen gegen das Land, die EU will in der kommenden Woche folgen. Am Abend tagte auch der UN-Sicherheitsrat in New York. Das Gremium will wohl noch heute Strafmaßnahmen beschließen.
Angesichts des blutigen Vorgehens gegen Demonstranten in Libyen wächst der Druck auf Machthaber Muammar al Gaddafi: US-Präsident Barak Obama unterzeichnete am späten Abend eine Anordnung, die das Vermögen und den Immobilienbesitz von Machthaber Muammar al Gaddafis, seinen vier Söhnen und der Führungsriege um den Staatschef in den USA einfriert, wie das Weiße Haus mitteilte. Obama betonte, die Maßnahmen seien gegen die libysche Regierung gerichtet und schützten den Wohlstand des libyschen Volkes. Gaddafis Regierung habe gegen "internationale Normen und grundlegende Regeln des Anstands verstoßen" und müsse dafür zur Verantwortung gezogen werden.
Die offizielle Bekanntgabe der Sanktionen erfolgte kurz nachdem die letzten noch in Libyen weilenden US-Bürger in Sicherheit gebracht werden konnten. Die amerikanische Botschaft in Tripolis wurde nach den erfolgten Evakuierungen geschlossen. Das Weiße Haus kündigte zudem an, dass der US-Geheimdienst nach Hinweisen für "Gewalt" oder "Gräueltaten" durch Gaddafis Regierung suche. "Die Vereinigten Staaten verpflichten sich, die volle Bandbreite ihrer Fähigkeiten zu nutzen, um das Verhalten des Gaddafi-Regimes zu beobachten", erklärte US-Regierungssprecher Jay Carney.
EU-Strafmaßnahmen geplant
Gut eine Woche nach Ausbruch der Revolte verständigten sich auch die EU-Mitglieder am Freitag prinzipiell auf ein Sanktionspaket. Geplant sind ein Waffenembargo und ein Lieferverbot für Güter, die zur Repression eingesetzt werden. Das verlautete aus Brüsseler EU-Kreisen und dem Auswärtigen Amt in Berlin. Die Vermögen der Herrscherfamilie sollen eingefroren, Einreisesperren gegen den Clan verhängt werden. Ein formaler Beschluss soll Anfang nächster Woche gefasst werden.
"Das Massaker muss enden"
Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn kritisierte das lange Zögern der EU, bevor sich die Mitgliedsstaaten auf Maßnahmen einigen konnte. "Das wichtigste ist, dass dieses Massaker jetzt endet", sagte er zu tagesschau.de. "Das Sperren der Konten von Mittätern ist wichtig, aber zu diesem Zeitpunkt nicht ausreichend. Die EU muss sich geschlossen und mit Nachdruck bei den Vereinten Nationen für ein Waffenembargo einsetzen, denn nur die UN besitzt legitimierte Handlungsfähigkeit" sagte Asselborn, der sich derzeit in Kairo aufhält. Außerdem müssten Maßnahmen getroffen werden damit keine weiteren Söldner, weder per Schiff noch per Flugzeug, ins Land gelangen.
UN-Sicherheitsrat berät über Sanktionen
In New York beriet der UN-Sicherheitsrat über mögliche Sanktionen gegen die Gaddafi-Regierung, diese sollen vermutlich noch heute beschlossen werden. In einem emotionalen Appell bat Libyens UN-Botschafter Abdulraman Shalgham das Gremium um Strafmaßnahmen gegen Gaddafi. Der Rat möge "echte Entscheidungen treffen, damit das Blutvergießen in unserem Land aufhört", sagte Shalgham von Gefühlen übermannt bei der Krisensitzung.
Frankreich und Großbritannien wollen ein Waffenembargo und finanzielle Sanktionen durchsetzen. Zudem bitten sie den Internationalen Strafgerichtshof, die libysche Führung wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit anzuklagen. Die USA wollen sich außerdem für die Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen einsetzen, um Luftangriffe auf Zivilisten zu verhindern.
Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton äußerten sich dazu zurückhaltend. Rasmussen erklärte, für eine Flugverbotszone sei eine weitreichende Rechtsgrundlage notwendig. Ashton sagte, dies sei äußert kompliziert umzusetzen. "Was auch immer wir tun, muss wirksam sein und schnell wirken, um die Gewalt zu stoppen", sagte Ashton beim EU-Verteidigungsministertreffen in Budapest.
Angeblich tausende Tote in Libyen
Der libysche Vizebotschafter bei den Vereinten Nationen sprach derweil von Tausenden Toten bei den Protesten in seinem Land. Ibrahim Dabbaschi sagte während einer Pressekonferenz in New York, die Zahl der während der Proteste gegen Gaddafi getöteten Menschen gehe in die Tausende und nicht in die Hunderte. Bisher gingen Menschenrechtsorganisationen von mehreren hundert Toten aus.