Ende der Griechenlandhilfen Die "Erlösung" aus der "Odyssee"?
Griechenland wird es schaffen, ohne weiteres Geld der EU - da ist sich Regierungschef Tsipras sicher. Doch auf dem Weg in eine "neue Ära" müssten noch einige Abstriche gemacht werden.
Nach der Entlassung Griechenlands aus dem Sparprogramm hat sich Regierungschef Alexis Tsipras an das Volk gewandt. Er sprach von einem "Tag der Erlösung" und würdigte die Hilfe der Europäer.
Start in "eine neue Ära"
Für seine Ansprache hat sich Tsipras einen symbolischen Ort ausgesucht: die Insel Ithaka im Westen des Landes. Hier endete das monumentale Epos der Odyssee - der Irrfahrt des Odysseus. Und so spricht auch der griechische Regierungschef von einer Odyssee seines Landes seit 2010, die jetzt zu Ende geht:
Griechinnen und Griechen, heute ist ein Tag der Erlösung. Es ist aber auch der Beginn einer neuen Ära. Dabei werden wir nicht den Fehler machen, zu vergessen, was wir aus den Sparprogrammen gelernt haben. Wir werden nie die Ursachen vergessen und diejenigen, die unser Land in die Notlage geführt haben.
Tsipras trägt ein weißes Hemd, im Hintergrund das strahlend blaue Ionische Meer und die Bucht, in die Odysseus nach dem Trojanischen Krieg heimkehrte - so schildert es der antike Dichter Homer. Immer wieder bedient sich Tsipras auch in seiner Ansprache der griechischen Mythologie. Alle Fernsehsender des Landes übertragen die Rede.
Lob für die "standhaften" Europäer
Es ist eine Rede, die nach innen gerichtet ist, für die Griechen, denen die Regierung in den vergangenen Jahren viel zugemutet hat. Aber Tsipras würdigt auch die Europäer:
Wir werden aber auch nie diejenigen vergessen, die den Griechen und Griechenland in schwierigen Zeiten beigestanden haben: Menschen und politische Kräfte aus allen EU-Staaten, die standhaft gegen die Pläne eines 'Grexits' und einer Strafe für Griechenland waren - weil sie wussten, dass Griechenland für Europa viel mehr bedeutet als Geld und Staatsfinanzen, als Nummern und Zahlen.
Die Reformen gehen weiter
Aber die Zahlen dominieren das Land immer noch, auch wenn die Hilfspakete ausgelaufen sind. Griechenland hat weit mehr als 300 Milliarden Euro Schulden. Die sollen bis 2060 zurückgezahlt sein. Die Reformen gehen also weiter. Nächstes Jahr sollen nochmals die Renten gekürzt werden.
Trotzdem gibt sich Tsipras optimistisch: "Unser Land bekommt das Recht zurück, selbst seine Zukunft zu gestalten, wie ein normales europäisches Land."
Er lobt die Griechen für ihren Mut, den sie zeigten, als sie ihn vor dreieinhalb Jahren gewählt hatten. Es ist eine Rede, in der der Regierungschef zurückschaut, aber auch immer wieder den Blick nach vorne richtet und versucht, die reformmüden Griechen neu zu motivieren: "Ab heute starten wir mit Vision und Entschlossenheit eine neue Ära für unser Vaterland."
Wieviel Raum Tsipras und seiner Regierung für den Neuanfang bleibt, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Die Kontrolleure der bisherigen Geldgeber werden auch weiter alle drei Monate nach Athen kommen.