Unterzeichnung im Straßburger Parlament Gefeiert und ausgebuht - die EU-Grundrechtecharta
Einen Tag vor der Unterzeichung des EU-Reformvertrags ist im Straßburger Parlament bereits die neue EU-Grundrechtecharta unterschrieben worden - doch nicht so feierlich wie zunächst geplant. Europaskeptiker störten mit Buhrufen die Zeremonie.
Bei der Verkündung der europäischen Grundrechtecharta ist es im Straßburger Europaparlament
zu Tumulten gekommen. Vor allem linksgerichtete Abgeordnete forderten mit "Referendum"- Rufen eine Volksabstimmung über den europäischen Reformvertrag und störten damit die Feierstunde.
In seiner mehrfach von Buhrufen unterbrochenen Rede sagte Europaparlaments-Präsident Hans-Gert Pöttering, die Unterzeichnung der Charta symbolisiere den "bedeutenden Weg hin zu einer Union der Bürgerinnen und Bürger". Zugleich rief Pöttering Großbritannien und Polen auf, ihren Widerstand gegen die Bürgerrechtserklärung aufzugeben. Beide Länder haben Ausnahmen erwirkt. Auch der portugiesische Regierungschefs José Socrates und Kommissionspräsident José Manuel Barroso mussten ihre Ansprachen wegen Zwischenrufen unterbrechen. Pöttering, Barroso und Socrates unterzeichneten anschließend das Dokument.
Mehr Rechte für Bürger vor europäischen Gerichten
Die Charta schreibt in 54 Artikeln die europäischen Bürgerrechte von der Meinungsfreiheit bis zum Datenschutz fest. Sie ist Teil des "Vertrags von Lissabon", den die europäischen Staats- und Regierungschefs morgen in der portugiesischen Hauptstadt unterzeichnen wollen. Damit wird die Grundrechtecharta aus dem Jahr 2000 erstmals rechtsverbindlich. Bürger können dann ihre Rechte vor europäischen Gerichten einklagen. Der Vertrag soll zum 1. Januar 2009 in Kraft treten, wenn ihn alle 27 Mitgliedstaaten ratifiziert haben. Ein Referendum ist nur in Irland vorgesehen. Der Vertrag ersetzt die Verfassung, die vor zweieinhalb Jahren bei Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden scheiterte.