Guatemala Demonstranten setzen Parlament in Brand
In Guatemala-Stadt haben Demonstranten Teile des Parlaments in Brand gesetzt. Dort hatten Abgeordnete einen Rekordhaushalt für das kommenden Jahr im Schnellverfahren gebilligt. Hunderte Menschen forderten den Rücktritt von Präsident Giammattei.
Mehrere hundert Demonstranten haben aus Protest gegen den für das Jahr 2021 verabschiedeten Haushalt in Guatemala Teile des Kongresses in Brand gesteckt. Eine Gruppe drang in das Parlamentsgebäude im historischen Zentrum in Guatemala-Stadt ein und legte Feuer. Im Fernsehen war zu sehen, wie Flammen aus einem Fenster der Volksvertretung schlugen. Später brachte die Feuerwehr den Brand unter Kontrolle, wie die Polizei mitteilte.
Am Rande der größtenteils friedlichen Demonstration schleuderten Demonstranten Steine auf die Polizei, die Beamten feuerten Tränengas in die Menge. Das Rote Kreuz habe mehrere Menschen wegen Rauchvergiftungen behandelt, sagte ein Sprecher der Organisation. Fast 50 Menschen wurden ins Krankenhaus gebracht, einer von ihnen schwebte in Lebensgefahr. Laut Polizei wurden 30 Menschen festgenommen.
Demonstranten fordern Rücktritt des Staatschefs
Der Protest richtete sich gegen Staatschef Alejandro Giammattei und seinen umstrittenen Rekord-Haushalt in Höhe von fast 12,8 Milliarden US-Dollar (10,79 Milliarden Euro). Das ist etwa ein Viertel mehr als dieses Jahr. Hunderte Demonstranten waren deswegen vor das Parlament gezogen, um Giammatteis Rücktritt zu fordern.
Eine weitere Kundgebung gegen Giammattei fand vor dem alten Regierungspalast im Zentrum der Hauptstadt statt. Dieser Protest verlief friedlich. Viele Demonstranten schwenkten die guatemaltekische Flagge und skandierten: "Giammattei raus" und "Keine Korruption mehr". "Wir sind es leid. Es gibt keine andere Möglichkeit, unsere Ablehnung deutlich zu machen und zu zeigen, wie satt wir es haben", sagte eine Demonstrantin. "Guatemala weint Blut", erklärte ein weiterer Protestierender. "Das Volk hat es satt, seit mehr als 200 Jahren mit Füßen getreten zu werden."
Die Demonstranten riefen den Staatschef zudem dazu auf, sein Veto gegen den Haushalt einzulegen. Das Parlament, das von Giammatteis Partei und deren Verbündeten dominiert wird, hatte diese Woche das Milliardenbudget im Schnellverfahren und ohne öffentliche Debatte verabschiedet. Es bürdet dem Land hohe Schulden auf.
Giammattei kündigt "volle Härte des Gesetzes" an
Giammattei reagierte auf die Proteste, indem er auf Twitter schrieb: "Es gibt ein Recht zu demonstrieren. Aber wir können nicht zulassen, dass öffentliches oder privates Eigentum zerstört wird. Wer sich an diesen kriminellen Taten beteiligt, den wird die volle Härte des Gesetzes treffen."
Kritik an hohen Schulden und Kürzungen
Der Haushaltsentwurf war bei zahlreichen gesellschaftlichen Gruppen von Unternehmern über soziale Bewegungen und den Bildungssektor bis hin zur katholischen Kirche auf Ablehnung gestoßen. Kritisiert wurden die hohen Neuschulden, Kürzungen im Sozial- und Bildungssektor sowie Intransparenz. Kritiker warfen dem Kongress vor, den Haushalt zu schnell verabschiedet zu haben, während die Menschen in dem mittelamerikanischen Land mit den Folgen der verheerenden Tropenstürmen "Eta" und "Iota" zu kämpfen hatten.
Außerdem fließt das meiste Geld in von Privatunternehmen verwaltete Infrastrukturen und nicht in die Bekämpfung der in Guatemala weit verbreiteten Armut. 59,3 Prozent der 17 Millionen Einwohner Guatemalas leben in Armut, etwa die Hälfte der Kinder unter fünf Jahren ist mangelernährt.
Kurz vor den Demonstrationen hatte auch Vize-Präsident Guillermo Castillo den Staatschef aufgefordert, mit ihm zusammen "für das Wohl des Landes" zurückzutreten. Castillo unterrichtete die Öffentlichkeit darüber durch eine Botschaft in Online-Netzwerken und in einer WhatsApp-Nachricht an Journalisten. Bereits in der Vergangenheit hatte es zwischen Giammattei und Castillo Streit gegeben, unter anderem wegen der Corona-Maßnahmen.
Versorgungsengpässe in der Corona-Krise
Der 64-jährige Giammattei ist seit Januar Präsident von Guatemala. In seinem Wahlkampf hatte er angekündigt, Korruption und organisierte Kriminalität zu bekämpfen.
Inzwischen steht der ausgebildete Arzt Giamattei aber auch wegen seines Corona-Managements in der Kritik. Die Krankenhäuser des mittelamerikanischen Landes haben mit Versorgungsengpässen zu kämpfen. Das Parlament hat 3,8 Milliarden Dollar zur Bekämpfung der Corona-Pandemie bewilligt, allerdings wurden bislang weniger als 15 Prozent dieser Mittel auch investiert. Nach offiziellen Angaben wurden in Guatemala bislang 118.417 Corona-Infektionen nachgewiesen, 4074 Infizierte starben.