China-Korrespondent Dorloff Fußball als Eisbrecher
Mit Chinesen in Kontakt zu treten, ist nicht leicht. Small-Talk über Fußball ist da ein guter Eisbrecher, hat Axel Dorloff festgestellt. Das Stadionerlebnis in Peking ist ein bisschen Heimat, wenngleich ein wichtiges Element deutscher Esskultur fehlt.
Es sind die kleinen Momente im Alltag, in denen ich in China merke: Heimat ist eigentlich woanders. Neulich wollte ich zum Mittag Nudelsuppe in einem einfachen Pekinger Restaurant essen. An der Wand ein Fernseher, es lief die Wiederholung eines Champions-League-Spiels vom Vorabend: Bayern München gegen Dinamo Zagreb. Viele bekannte Gesichter im chinesischen Staatsfernsehen. Das kommt nicht oft vor.
Und da war es, das Heimatgefühl mitten in Peking. Ganz viele kurze Gedankensplitter: Fußball mit Papa, samstagnachmittags um halb vier Bundesliga-Konferenz im Radio und später Sportschau. Mit guten Freunden die Champions-League-Abende in Berliner Kneipen verbringen. Das ist hier in Peking alles schwierig: Weil Papa nicht da, die alten Freunde nicht da, Berlin nicht da, wegen der Zeitverschiebung und überhaupt. Fußballergebnisse aus der Heimat kommen in China mit dem heißen Kaffee morgens zum Frühstück. Via Smartphone.
Im grünen Trikot zu den Heimspielen
Meine neue Heimat in Peking ist die Gongti Beilu - das heißt übersetzt: "Straße nördlich des Arbeiterstadions". Hier wohne und arbeite ich - und hier laufen die Fans des chinesischen Erstligaclubs Peking Guoan entlang, wenn sie fröhlich in ihren grünen Trikots zu ihren Heimspielen pilgern. Auch ich pilgere da hin und wieder mit: Fußball ist ein einfaches Mittel, der neuen, vorübergehenden Heimat und ihren Menschen ein Stück näher zu rücken.
Es ist nicht einfach, mit Chinesen wirklich in Kontakt zu treten. Aber wenn man mit einem chinesischen Fußballfan darüber diskutieren kann, ob es nun gut war, Bastian Schweinsteiger an Manchester United zu verkaufen, hat man erst einmal eine solide Gesprächsbasis.
Hähnchenfleisch statt Bratwurst
Heimat ist: Stadionbratwurst mit Senf im Brötchen. Das gibt es in China nicht. Dafür werden vorm Stadion an kleinen, fahrbaren Straßenküchen chinesische Pfannkuchen verkauft. Mit Ei und einer scharfen Paste eingestrichen. Innen drin Salat, Frühlingszwiebeln und Hähnchenfleisch. Serviert in einer Plastiktüte. Auch ein hervorragender Stadion-Snack zum Fußballspiel.
Und wenn ich dann mit meiner neuen Peking-Guoan-Trainingsjacke zwischen den chinesischen Fußballfans sitze, die vorm Spiel Chinas Nationalhymne schmettern, dann ist es irgendwie beides: ein bisschen Heimat durch Fußball - und auch ganz schön weit weg.