USA-Korrespondentin Ruck Schälen mit dem "Hümmelken"
Weder deutsches Brot noch Gummibärchen: Die Sprache macht für USA-Korrespondentin Ina Ruck den Unterschied, wenn sie an Deutschland denkt. Am allermeisten liegt ihr das Westfälische - und hier ein spezielles Wort.
Mein Verständnis von Heimat hat sich verändert im Laufe der vielen Jahre, die ich mittlerweile im Ausland lebe und arbeite. 15 Jahre in Russland, vier Jahre in den USA - da verändert sich der Blick auf das, was einem lieb und wichtig ist, was man mit dem Begriff Heimat verbindet. In den ersten Jahren - Studium im Ausland, erster Korrespondentenjob - waren es ganz banal vor allem deutsche Speisen, die ich vermisst habe. Inklusive dem dazugehörigen Ritual: der Sonntagnachmittagskaffee mit Pflaumenkuchen. Oder das Frühstück mit Zeitung und Brötchen.
Aber: Je länger ich weg bin, desto mehr ist mir bewusst, dass nicht deutsches Brot oder Maggi oder Gummibärchen für mich Heimat bedeuten, sondern: die Sprache. Nicht einfach die deutsche Sprache, mit der habe ich ja täglich zu tun. Sondern genau die Ausprägung der deutschen Sprache, die zu Hause in meiner westfälischen Heimat gesprochen wird.
Anderer Ort, anderer Zungenschlag
Ich höre ganz genau, wo jemand herkommt: Ein Soester klingt anders als eine Münsteranerin oder jemand aus meiner Heimatstadt Unna. Bei uns gibt es da so einen Begriff, der regional auf einen sehr kleinen Bereich eingegrenzt ist: Hümmelken. So heißt in Unna und Umgebung ein kleines Schälmesser. Und dieses Hümmelken, das vermisse ich.
Wenn ich, was ab und an vorkommt, irgendwo auf der Welt zufällig jemanden reden höre, der aus dem Westfälischen kommt, geht mir gleich das Herz auf. Meistens versuche ich dann, am Dialekt zu erkennen, woher genau er oder sie kommt. Ich habe schon so manchen Treffer erzielt.
Westfalen und Europa im Herzen
Meine Heimat ist Westfalen, aber auch: Europa. Hier in Washington habe ich eine Weltkarte im Büro, wie sie hier verkauft wird: die USA in der Mitte, Russland zerschnitten in zwei Hälften links und rechts am oberen Bildrand, Europa rechts in der Ecke. In Russland hatte ich eine Karte aus russischer Sicht - da waren die USA geteilt, Europa am linken Rand. Der jeweils fremde Blick auf Europa hat mir erst bewusst gemacht, wie sehr ich Europäerin bin. Und Westfälin, natürlich.