Wissenschaftler warnen vor H1N1-Variante Was macht die Schweinegrippe so gefährlich?
Wissenschaftler warnen schon länger davor, dass ein neues Grippevirus eine Epidemie auslösen könnte. Bei der Spanischen Grippe, 1918/19, mit etwa 40 Millionen Toten war der Erreger ein Vogelvirus. Nun wird offenbar das Schwein den Menschen zum Problem.
Von Werner Eckert, SWR
Auch Schweine können die Grippe kriegen - die echte, Influenza. Und die Art von Erregern, die sie befällt, die kann sehr leicht auf den Menschen übergehen. Anders als bei der Vogelgrippe.
Normalerweise ist das nichts Besonderes und Schlimmes. Fast jedes zweite Schwein in bestimmten Gegenden Amerikas - wo die Krankheit wohl herkommt - hat Antikörper, und auch in Europa dürfte sie mittlerweile verbreitet sein. Die Krankheit ist allerdings hier nicht meldepflichtig.
In Schweinen entsteht das gefährliche Virus
Aber es gibt zwei Dinge, die Mediziner unruhig werden lassen: Zum einen ging mit der großen Grippe-Pandemie von 1918 auch ein Seuchenzug der Schweinegrippe einher. Und zum anderen gilt das Schwein als "mixing vessel" - als Überträger, in dem sich Grippeviren, die auf verschiedene Wirte spezialisiert sind, gleich gut vermehren und auch mischen können.
Wissenschaftler gehen davon aus, dass das eben 1918, dann auch 1957 bei der asiatischen Grippe und 1968 bei der Hongkong-Grippe so passiert ist. Dass damals Vogelgrippeerreger und an für sich harmlose Menschengrippeviren in Schweinen zusammen kamen und dort der jeweils gefährliche neue Typ entstand.
Neuer Typ H1N1
Der aktuelle Erreger in Mexiko ist nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation eine neu entstandene Variante des Typs H1N1, der sowohl bei Menschen als auch bei Schweinen und Vögeln vorkommen kann.
Die Beobachtung, dass wohl auch stark Menschen zwischen 20 und 40 Jahren betroffen sind, erinnert ebenfalls an die Grippepandemie von 1918. Denn normalerweise sind Kleinkinder und ältere Menschen die Haupt-Leidtragenden der Grippe. In diesem Fall aber provozierte der Erreger eine starke Überreaktion der Körperabwehr. Und die war gerade bei den fitten jüngeren Menschen besonders stark.
Für eine Pandemie gibt es keine eindeutige Definition, oft ist damit die Ausbreitung einer Krankheit über mehrere Kontinente oder weltweit gemeint. Die WHO definiert eine Pandemie als eine Situation, in der die gesamte Weltbevölkerung potenziell einem Erreger ausgesetzt ist - und das Risiko besteht, dass "ein Teil von ihr erkrankt". Die Einstufung als Pandemie sagt aber nichts darüber aus, wie ansteckend oder tödlich die jeweilige Krankheit ist. Der Pandemiebegriff setzt sich aus den altgriechischen Wörtern "pan" für "alles" und "demos" für "Volk" zusammen.
In den vergangenen Jahrzehnten hat die WHO immer wieder von Pandemien gesprochen, wenn Krankheiten sich über Grenzen hinweg ausbreiteten. So wurden etwa der Ebola-Ausbruch ab 2013 in Westafrika und die Schweinegrippe in den Jahren 2009 und 2010 als Pandemien eingestuft.
Seuchen verlaufen immer glimpflicher
Experten rechnen seit längerem mit einer Pandemie - einer weltumfassenden Grippewelle. Sie rechnen aber nicht mit den horrenden Todeszahlen früherer Zeiten. Mindestens 20 Millionen Tote hatte die spanische Grippe zur Folge. Damals allerdings waren die Menschen durch Krieg und Hunger geschwächt. Seitdem scheinen alle weiteren Seuchenzüge immer glimpflicher zu verlaufen. Dank schnellerer Gegenmaßnahmen und besser Medikamente.