Neue Vorwürfe Spacey soll Kollegen belästigt haben
Gegen den US-Schauspieler Kevin Spacey sind weitere Vorwürfe laut geworden: Mitarbeiter der Serie "House of Cards" beschuldigen ihn, männliche Kollegen am Set sexuell belästigt zu haben. Spacey sei regelrecht "auf der Jagd gewesen".
Die Vorwürfe gegen den US-Schauspieler Kevin Spacey weiten sich aus: Acht ehemalige und aktuelle Mitarbeiter der Netflix-Serie "House of Cards" haben über sexuelle Belästigungen durch den Hauptdarsteller Spacey berichtet. "Es war ein vergiftetes Umfeld für junge Männer in Reihen der Crew, des Casts und der Statisten, die mit ihm zu tun hatten", sagte ein ehemaliger Produktionsassistent dem TV-Sender CNN.
"Kevin hatte wenig bis gar keine Skrupel, seinen Status und seine Position auszunutzen." Der Mann, der anonym bleiben wollte, berichtete von einer Autofahrt mit Spacey, bei der dieser ihm an die Hose gefasst und ihn später bedrängt habe. "Ich stand unter Schock."
Durch den vorläufigen Produktionsstopp solle die Zeit geschaffen werden, die Vorwürfe gegen Spacey zu klären.
"Räuberisches Verhalten"
Weitere Crewmitglieder bestätigten CNN, dass derartiges Verhalten am Set an der Tagesordnung gewesen sei. Spaceys Verhalten am Set soll "räuberisch" gewesen sein, er habe sich regelrecht "auf der Jagd" befunden. Männer hätten aus Angst, ihren Job zu verlieren, geschwiegen. Laut CNN habe sich Spacey nicht zu den neuen Vorwürfen äußern wollen.
Die Produktionsfirma MRC richtete eigenen Angaben zufolge eine Hotline ein, bei der sich Mitarbeiter anonym melden können. Netflix kündigte an, einen Mitarbeiter an den Set schicken zu wollen, um die Crew zu den Vorwürfen zu befragen. In der erfolgreichen Politserie, die mit der kommenden sechsten Staffel enden soll, spielt Spacey den rücksichtslosen US-Präsidenten Frank Underwood. Wegen des Skandals um Spacey wurden die Dreharbeiten inzwischen gestoppt.
Ein ehemaliger Schauspielschüler des Oscarpreisträgers, der nicht namentlich genannt werden wollte, sagte dem Internet-Portal "Vulture", er habe mit zwölf Jahren Spaceys Schauspielunterricht besucht und zwei Jahre später eine "sexuelle Beziehung" mit ihm angefangen. Nach dem Vergewaltigungsversuch in Spaceys Wohnung aber habe er das Verhältnis abgebrochen. Er bezeichnete Spacey als "Sextäter und Pädophilen".
Auftritte abgesagt
Medienberichten zufolge leitete die Polizei in London Ermittlungen gegen Spacey ein, weil er einen Mann sexuell belästigt haben soll. Das berichten unter anderem der "Guardian" und "Sky News". Scotland Yard bestätigte die Ermittlungen, nannte aber keinen Namen.
Die niederländische Großbank ING kündigte an, wegen der Vorwürfe gegen Spacey auf seinen Auftritt bei einem von ihr organisierten Unternehmertreffen zu verzichten. "Es ist nicht mehr wünschenswert, ihn auftreten zu lassen", heißt es auf der Webseite von BusinessBoost Live, einem von der ING organisierten Treffen in Rotterdam am 29. November. "Seine Anwesenheit würde ablenken vom Zweck der Veranstaltung, Unternehmer zu inspirieren, um ehrgeizige Ziele zu verfolgen."
Spacey in therapeutischer Behandlung
In den vergangenen Tagen hatten Schauspieler Anthony Rapp und andere Männer Spacey sexuelle Übergriffe vorgeworfen. Spacey ist einer von mehreren Hollywood-Stars, die sich derzeit mit Vorwürfen der sexuellen Belästigung und des Missbrauchs konfrontiert sehen.
Kevin Spacey soll sich in therapeutische Behandlung begeben haben.
Spacey habe sich in therapeutische Behandlung begeben, erklärte eine Sprecherin am Mittwoch. Später berichtete CNN, die Sprecherin und ihre Agentur hätten sich von dem Schauspieler mittlerweile getrennt.
Durch Weinstein kam alles ins Rollen
Auslöser der jüngsten Debatte waren vor rund einem Monat Enthüllungen, denen zufolge der US-Filmproduzent Harvey Weinstein über drei Jahrzehnte hinweg Frauen sexuell belästigte. Mehr als 50 Frauen haben sich mit entsprechenden Vorwürfen gemeldet, darunter Stars wie Gwyneth Paltrow und Angelina Jolie. Mindestens acht Frauen werfen Weinstein Vergewaltigung vor.
Volker Schlöndorff verteidigt Dustin Hoffman
Auch gegen Hollywoodstar Dustin Hoffman waren kürzlich Vorwürfe geäußert worden. Der deutsche Regisseur Volker Schlöndorff nahm den US-Schauspieler aber in der "Zeit" in Schutz. "Ich hoffe, diese lächerliche Anklage nicht aufzuwerten, indem ich Dustin Hoffman zur Seite stehe", schreibt Schlöndorff.
Eine damals 17-jährige Praktikantin hatte Hoffman vorgeworfen, sie 1985 am Set von Schlöndorffs Film "Tods eines Handlungsreisenden" sexuell belästigt zu haben. Fast jeder am Set habe Hoffman, der 16 Stunden am Tag auf den Beinen gewesen sei, Fußmassagen gegeben. "Hat er sie beim Gang zum Auto auf den Po gehauen? Kann schon sein. Mehrmals? Sicher, weil sie jedes Mal zurückgehauen hat. Es war ein Spiel, auf das sie eingegangen ist, wohlgemerkt in Anwesenheit von Fahrern, Aufnahmeleitern", erklärte Schlöndorff. "30 Jahre später hätte die Betroffene das richtig einordnen können, statt Dustin Hoffman einen 'Raubvogel' zu nennen." Während des Drehs sei Hoffman der "Kantinenclown" gewesen: "Kein Scherz war ihm zu billig, um das Team zum Lachen zu bringen." Montagmorgen sei die Standardfrage gewesen: "Hattest du guten Sex am Wochenende?" Und zwar nicht nur an junge Praktikantinnen, sondern auch an mich und jeden im Studio. Alle lachten darüber, nicht über die Frage, aber ihre ständige Wiederholung", schreibt Schlöndorff.