Lage in Idlib "Wir bereiten uns auf das Schlimmste vor"
In der syrischen Provinz Idlib bereitet sich die Bevölkerung auf einen Angriff vor. Der Behörden-Vertreter Eleido berichtet im ARD-Interview: Die Menschen rechnen mit dem Äußersten und hoffen auf internationalen Schutz.
tagesschau.de: Sind Sie darauf vorbereitet, all die Verletzten aufzunehmen und zu behandeln, wenn die Offensive beginnt?
Mostafa Eleido: Die Gesundheitsversorgung in der Stadt Idlib kann in dem Augenblick zusammenbrechen, wenn das Regime und seine Alliierten die Luftangriffe aufnehmen. Sie haben schon zuvor Kliniken mit neuesten Waffensystemen massiv unter Beschuss genommen. Es ist möglich, in einem Tag zehn oder 20 Krankenhäuser vollkommen funktionsunfähig zu bomben.
tagesschau.de: Wie bereiten sich die Menschen auf die mögliche Offensive vor?
Eleido: Sie sind völlig hilflos. Sie erwarten ihr Schicksal. Wenn die Schlacht beginnt, die Bomben fallen und alles zerstören, können sie versuchen zu fliehen, werden aber womöglich zu Opfern. Oder sie bleiben zu Hause, weil Idlib ohnehin der letzte sichere Hafen für Zivilisten ist.
"Für Assad sind wir alle Terroristen"
tagesschau.de: Die Regierung sagt, Idlib werde von islamistischen Terroristen kontrolliert und nehme Zivilisten als Geisel. Trifft das zu?
Eleido: Wenn es nach Präsident Bashar al-Assad geht, sind wir alle Terroristen. Er bezeichnet auch Zivilisten als Terroristen. Was sollen dann erst die Kämpfer sein? Seiner Meinung nach sind einfach alle Terroristen, egal ob Kinder, Frauen oder Männer, die sich gegen sein Regime gewendet haben.
tagesschau.de: Russland, der Iran und die Türkei kommen zusammen, um mögliche Lösungen des Konflikts zu diskutieren. Was erwarten Sie von diesem Treffen?
Eleido: Wir erwarten, dass es eine politische Lösung gibt. Aber gleichzeitig bereiten wir uns auf das Schlimmste vor. Wir bitten die international Gemeinschaft darum, die Zivilisten zu schützen und eine friedliche Lösung für die Region zu finden.
tagesschau.de: Wird es jemals Versöhnung in Syrien geben?
Eleide: Versöhnung ist nicht möglich, weil das Regime seine Versprechen nicht hält und gewissenlos ist. Diejenigen, die die Hand zur Versöhnung gereicht haben in Ost-Ghouta und Kuneitra, wurden verhaftet, ins Gefängnis gesteckt und getötet. Das wurde ja auch berichtet. Das Regime hat schon so viele Menschen getötet, Massaker angerichtet, das Land zerstört. Sie halten keine Versprechen und haben kein Gewissen. Wie können wir uns mit ihnen versöhnen?
Das Gespräch führte Daniel Hechler, ARD-Studio Kairo