ARD-Korrespondentin im Iran "Wer im Iran ist, muss ein Kopftuch tragen"
Natalie Amiri berichtet für die ARD aus Teheran. Wenn sie von dort zugeschaltet ist, trägt sie stets ein Kopftuch. Warum sie das macht und wie die Arbeitsbedingungen in dem islamischen Land sind, das verrät sie im Interview.
tagesschau.de: Viele Zuschauer möchten gerne wissen, warum Sie bei der Berichterstattung für die ARD ein Kopftuch tragen?
Natalie Amiri: Es ist keine Frage der eigenen Entscheidung. Im Iran gilt das Gesetz für alle Frauen, Iranerinnen und Ausländerinnen: Wer auf iranischem Boden ist, muss ein Kopftuch tragen. Als ARD-Korrespondentin muss ich mich an diese Schleierpflicht halten. Es gab schon öfter Vorschläge von Zuschauern, einen Mann als Korrespondenten zu schicken. Ich finde diesen Vorschlag weniger emanzipiert als dass ich mich hier im Iran an das Gesetz halte und als Frau berichte. Auch in Deutschland verlangen wir, das sich alle an unsere Gesetze halten.
tagesschau.de: Wann und wo müssen Frauen im Iran Kopftuch tragen?
Amiri: Überall im öffentlichen Raum. Ab der ersten Schulklasse.
tagesschau.de: Ist es vorgeschrieben, das Kopftuch auch bei Schalten aus dem Studio zu tragen?
Amiri: Ja, ich arbeite mit iranischen Kollegen zusammen, deshalb trage ich Kopftuch. Es ist einfach konsequent, das Kopftuch zu tragen, anstatt es einmal nicht und einmal schon zu tragen. Denn sonst müsste man sich jedes Mal erneut erklären. Und das nimmt Zeit in Anspruch, die ich lieber für Geschichten aus diesem Land verwende.
tagesschau.de: Sind Sie derzeit die einzige ausländische Berichterstatterin im Iran? Warum dürfen Sie von dort berichten und andere nicht?
Amiri: Die ARD hat seit 30 Jahren ein ständiges Büro in Teheran. Wir bekommen monatlich unsere Drehgenehmigungen und müssen nicht aus Deutschland ein Visum beantragen. So ist es natürlich einfacher, schnell in eine aktuelle Berichterstattung einzusteigen. Aus dem Westen gibt es hier noch das ZDF, den ORF und Nachrichtenagenturen soweit ich weiß. BBC, CNN und andere haben seit 2009 keine ständigen Büros mehr, nach den letzten großen Protesten, die hier im Iran stattgefunden haben. Damals waren auch nur so viele internationale Journalisten im Land, weil sie für die Präsidentschaftswahl eingeladen waren und so einfach ins Land kamen. Die Proteste begannen damals in der Nacht nach der Wahl, und alle waren hier.
tagesschau.de: Wie sieht der Alltag als Berichterstatterin für Sie aus?
Amiri: Es gibt herrliche Geschichten aus dem Land. Ich sehe meine Aufgabe darin, nicht nur die Klischees zu bedienen, die man im Westen über die Jahre im Kopf über den Iran gesammelt hat, sondern auch die vielen großartigen Menschen zu zeigen. Ich möchte denen eine Stimme geben, die ich hier treffe.