Teil 2: 30. Jahrestag der Islamischen Revolution Viele Iraner sind desillusioniert
Seit nunmehr 1979 gibt es die Islamische Republik Iran - vieles in dem Gottesstaat sollte besser sein als unter dem alten Schah-Regime. Doch 30 Jahre nach der islamischen Revolution ist das Bild des Irans desaströs: Die Armut wird größer und die Auswanderungsbewegung stärker.
Von Ulrich Pick, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Obgleich die Islamische Revolution mehr soziale Gerechtigkeit versprach, wurden die sozialen Unterschiede im Land, die unter dem Schah stark gewachsen waren, noch einmal größer. So können immer weniger Menschen im Iran von nur einem Job leben.
Ahmad beispielsweise arbeitet bei der städtischen Müllabfuhr in Teheran. Da diese aber die Gehälter nicht pünktlich auszahlt, geht er nach der Arbeit putzen, um somit seine Familie über die Runden zu bringen: "Bei uns gibt es Leute, die haben sogar drei Jobs. Denn hier im Iran können die meisten mit nur einem Job nicht leben. Selbst Rentner müssen oft noch zusätzlich arbeiten."
Enttäuschung über nicht eingehaltene Wahlversprechen
20 Prozent der Bevölkerung, so heißt es, sollen unter der Armutsgrenze leben. Und das mit steigender Tendenz. Dabei hatte sich Präsident Mahmud Ahmadinedschad bei seiner Wahl vor fünf Jahren noch als "Anwalt der kleinen Leute" dargestellt und versprach, die wachsende Armut im Land zu bekämpfen. Die Enttäuschung über die nicht eingehaltenen Wahlversprechen sitzt mittlerweile tief.
Mohammad ist 48 Jahre, Vater von drei Kindern und ernährt seine Familie als Taxifahrer in Mashad: "Es gibt keine Gerechtigkeit. Wir sind über 70 Millionen Menschen, aber diesem Regime dienen nur vielleicht fünf Millionen. Ich schäme mich vor meiner Frau und Kindern. Meine Tochter hat vier Jahre lang studiert und ist nun fertig. Ich konnte ihr aber nichts als Geschenk kaufen. Nicht einmal ein billiges Handy für sie konnte ich mir leisten. Nach 25 Jahre Arbeit kann ich für meine Familie keinen guten Reis kaufen, und wir müssen uns mit Hühnerfutter-Reis begnügen."
Junge Akademiker wandern aus
Bedenkt man, dass jeder vierte Iraner offiziell ohne Job ist und die wachsende Inflationsrate momentan bei rund 30 Prozent liegt, dürften auf die Islamische Republik schwierige Zeiten zukommen. Da zudem nach offiziellen Angaben auch bereits jeder dritte Hochschulabgänger keine Arbeit findet, suchen etliche dieser jungen Akademiker ihr Glück im Ausland. Einer von Ihnen ist der Informatiker Mehdi aus Teheran: "Ich bin grade dabei, meine Sachen in Ordnung zu bringen und das Land zu verlassen. Denn ich merke, dass meine Anstrengungen zu nichts führen. Ich habe hier weder eine klare berufliche Zukunft vor mir noch einen konkreten Plan für mein Leben. Zudem lebe ich in einer Stadt mit einer ungeheuer großen Bevölkerung. Die Zuwanderer werden täglich mehr und dadurch meine Chancen auf eine Stelle geringer."
Haushaltsplanungen auf tönernen Füßen
Während die Armut im Land wächst, wird die iranische Staatskasse immer leerer. Denn nachdem der Ölpreis von 147 Dollar pro Barrel im Sommer auf nunmehr unter 50 Dollar eingebrochen ist, fehlt es an Geld allen Ecken und Enden. Zudem müssen sämtliche Planungen neu aufgestellt werden. Denn die Kalkulationen des Landes wurden auf der Basis eines Ölpreises von 80 Dollar pro Barrel gemacht. Für die soziale Frage im Land darf man das als verheerend bezeichnen.
Zum 30. Jahrestag der Islamischen Revolution im Iran finden Sie auf tagesschau.de in den kommenden Tagen weitere Beiträge, unter anderem zum iranischen Atomprogramm, der Rolle der Frauen im Land oder Irans Stellung in der Region.