Beschluss von Wiederaufbaufonds Wie Conte den EU-Gipfel zu Hause verkauft
Italiens Regierungschef spricht von einem großartigen Ergebnis, das er auf dem EU-Gipfel ausgehandelt habe. Ein Wiederaufbaufonds soll die Corona-Folgen abfedern. Gefordert hatte er eigentlich etwas ganz anderes.
Nach dem Gipfel begann die Arbeit für Giuseppe Conte erst richtig. Per Video, per Facebook-Post und mit mehreren an die Medien lancierten Details aus der Gipfelschalte hat sich Italiens Regierungschef bemüht, daheim der Lesart der Verhandlungsergebnisse den richtigen Spin zu geben.
Zentrale Botschaft: Er, Giuseppe Conte, habe in den Diskussionen über Hilfen in der Corona-Krise für Italien ein großartiges Ergebnis raushandeln können. "Es war eine wichtige Etappe in der europäischen Geschichte. Um auf diesen gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Notstand zu reagieren, haben wir gemeinsam akzeptiert, einen Wiederaufbaufonds einzuführen", sagte er. Dieser werde alle Länder finanzieren, die am stärksten betroffen sind. Darunter Italien, aber nicht nur Italien.
Italien als Nutznießer
Unter anderem über die Nachrichtenagentur Ansa ließ Conte unmittelbar nach dem Treffen verbreiten, er habe sich bei den anderen Regierungschefs dafür stark gemacht, den Wiederaufbaufonds mit einem großen Finanzvolumen auszustatten. "Man habe erfahren", schreibt Ansa, dass Conte sich in den Verhandlungen dafür eingesetzt habe, den Wiederaufbaufonds mit insgesamt 1,55 Billionen Euro auszustatten.
Und nicht nur das. Weiter habe "man erfahren", so Ansa, dass Conte bei seinen Amtskollegen auch die Forderung hinterlegt hat, das Geld aus dem Wiederaufbaufonds müsse als "fondo perduto", also als nicht rückzahlbare Direkthilfe fließen. Für Italien, als einem wahrscheinlichen Nutznießer des Fonds, wäre dies eine sehr vorteilhafte Variante.
Von Eurobonds keine Rede mehr
Grundsätzlich sei der vereinbare Fonds gut und ein Erfolg für das Land. Mit diesem Deh versucht Conte, das Ergebnis des Gipfels aufzuarbeiten. Interessant ist, welcher Begriff dabei aus seinem Wortschatz verschwunden scheint: Eurobonds.
Die Einführung von Anleihen, für die alle gemeinsam haften, war über Wochen eine zentrale Forderung Contes. Er hatte sie zu einem Beweis für die Solidarität und Hilfsbereitschaft Europas gemacht. Jetzt spielen Eurobonds in der Kommunikation des Regierungschefs keine Rolle mehr. Unter anderem Deutschland und die Niederlande ließen sich bei diesem Thema nicht bewegen.
Der Druck der vergangenen Wochen aber, so Contes indirekte Botschaft, habe jetzt zu grünem Licht für einen Fonds geführt, der ebenfalls große Hilfe leisten könne. "Ein solches Instrument war bislang unvorstellbar. Es ist ein neues Instrument, das zu den bislang beschlossenen hinzukommt", sagte Conte. Es werde die europäische Antwort auf die Krise sehr viel solider, sehr viel koordinierter, sehr effizienter machen.
Tadel von der rechten Lega
Heftige Kritik an den Gipfelergebnissen kommt von der Opposition in Rom. Matteo Salvini, der Führer der rechten Lega spricht von einem "Debakel" für Italien. Unter anderem wirft Salvini Conte vor, kein Veto eingelegt zu haben gegen die von den Regierungschefs ebenfalls beschlossenen Hilfen aus dem Euro-Rettungsfonds ESM. Giorgia Meloni von der ehemals neofaschistischen Partei Fratelli d’Italia sagt: Conte solle sich für die Ergebnisse des Gipfels schämen.