Getötete Journalistin Abu Akle Entsetzen über Gewalt bei Trauerzug
Drei Tage nach ihrem Tod fand die Beisetzung der Journalistin Abu Akle in Jerusalem statt. Der Trauerzug war von Gewalt überschattet, was international für Bestürzung sorgte.
Es ist nur ein kurzer Ausschnitt: Ein Video, unter das jemand traurige, orientalische Musik gemischt hat. Ein Video, das nicht alles zeigt. Aber: Dieses eine Video wird aktuell im Netz millionenfach geklickt und geteilt - und sorgt für Entsetzen und Empörung.
Zu sehen sind palästinensische Männer, die in Ost-Jerusalem den Sarg mit dem Leichnam der getöteten Journalistin Schirin Abu Akle tragen. Von hinten nähern sich israelische Grenzpolizisten in voller Schutzausrüstung. Die Polizisten schlagen auf manche der Männer, die den Sarg tragen, mit Knüppeln ein. Ein Mann hält sich eine Hand schützend vor den Kopf, ein anderer muss den Sarg loslassen. Die Männer haben Mühe, den Sarg aufrecht zu halten. In einem Moment fällt er fast zu Boden.
Israel will Todesfall untersuchen
Die palästinensisch-amerikanische Jornalistin Abu Akle hatte vor wenigen Tagen vor Ort über einen Einsatz der israelischen Armee im besetzten Westjordanland berichtet. Dabei wurde sie getötet.
Die Palästinenser sagen, sie sei von israelischen Soldaten getötet worden. Die israelische Armee bestätigt das nicht. Israels Regierung will den Vorfall untersuchen, wenn möglich gemeinsam mit den Palästinensern, was die derzeit ablehnen.
Internationale Kritik an Ausschreitungen
Abu Akle wurde von vielen Menschen verehrt. Dass ihre Beerdigung nun von Gewalt überschattet wird, sorgt international für Entsetzen. "Das war ein Tag, an dem wir einer bemerkenswerten Journalistin gedenken sollten", sagte die Sprecherin von US-Präsident Joe Biden, Jen Psaki: "Wir wissen, dass es sehr verstörende Aufnahmen vom Trauerzug gibt. Wir bedauern, dass es ein Eindringen gab, in das, was ein friedlicher Trauerzug sein sollte. Wir haben aufgerufen zu Respekt gegenüber dem Trauerzug, den Trauernden und den Familienangehörigen in dieser angespannten Zeit."
Entsetzt zeigten sich auch Vertreter der Europäischen Union und der Vereinten Nationen. Der EU-Vertreter bei den Palästinensern in Ost-Jerusalem sprach von unnötiger Gewalt der israelischen Polizei.
Polizei verteidigt Vorgehen
Die verteidigte ihr Vorgehen. Laut einer Absprache mit der Familie der getöteten Journalistin hätte der Sarg mit einem Leichenwagen von einem Krankenhaus zum Friedhof transportiert werden sollen. 300 Randalierer, so die Polizei, hätten das verhindert. Die Polizei habe eingegriffen, um zu verhindern, dass die Randalierer den Sarg in ihre Gewalt bringen und losmarschieren. Auf die Polizisten seien Glasflaschen und andere Objekte geworfen worden.
"Unser Blut und unsere Seelen opfern wir für Dich, Märtyrerin", riefen die Menschen auf dem Trauerzug, der irgendwann den Friedhof auf dem Zionsberg von Jerusalem erreichte. Es war die wohl größte palästinensische Menschenansammlung seit Jahren.
Die Aufnahmen des Trauerzuges stammen von Al-Dschasira, dem Fernsehsender mit Sitz in Katar, für den Abu Akle arbeitete.
Abu Akle wollte Einsatz israelischer Polizisten dokumentieren
Völkerrechtlich hält Israel Ost-Jerusalem besetzt. Die Palästinenser wollen das Gebiet zur Hauptstadt eines eigenen, künftigen Staates machen. Israel wiederum erhebt Anspruch auf die ganze Stadt. Immer wieder ist zu sehen, wie israelische Grenzpolizisten palästinensische Flaggen auf Demonstrationen entfernen. Das war auch während der Beerdigung der getöteten Journalistin der Fall.
Aktuell hat sich die Lage in Jerusalem weitgehend beruhigt. Insgesamt bleibt sie aber sehr angespannt. In den vergangenen Wochen ereigneten sich mehrere Terroranschläge durch Palästinenser in Israel. Die israelische Armee wiederum drang immer wieder in die Stadt Jenin im Westjordanland ein, von wo ein Teil der Attentäter stammen soll. Schirin Abu Akle wollte einen dieser Einsätze als Journalistin dokumentieren - und wurde dabei getötet.