Libyen Wichtiger Erdöllieferant und Diktatur
Der nordafrikanische Wüstenstaat Libyen ist Deutschlands drittwichtigster Erdöllieferant. Aus der Öl- und Gasproduktion stammen 95 Prozent der Einnahmen des Landes. Allerdings kommt das bei vielen Libyern nicht an. Staatschef al Gaddafi regiert das Land mit harter Hand.
Von Reinhard Baumgarten, ARD-Hörfunkstudio Kairo
Libyen ist gemessen am Pro-Kopf-Einkommen das reichste Land Afrikas. Über etwas mehr als 11.000 US-Dollar kann jeder der knapp 6,4 Millionen Einwohner rein statistisch verfügen. Die Realität ist nicht ganz so rosig. Auch in Libyen geht die Schere zwischen Arm und Reich seit Jahren spürbar auseinander.
Wie die Nachbarländer Tunesien und Ägypten auch hat Libyen eine extrem junge Bevölkerung. Drei Viertel der Menschen sind jünger als 30. Trotz der hohen Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft ist es dem nordafrikanischen Land in den vergangenen Jahren nicht gelungen, genügend Arbeitsplätze zu schaffen. Die Arbeitslosenquote unter jungen Menschen liegt inoffiziell zwischen 20 und 25 Prozent.
Starker Mann Libyens ist seit mehr als 41 Jahren Revolutionsführer Muammar al Gaddafi. Dessen Staatsdoktrin lehnt parlamentarische Demokratie nach westlichem Zuschnitt als Verfälschung des eigentlichen Volkswillens ab. In Libyen entsenden sogenannte Basisvolkskongresse Beauftragte in den einmal jährlich tagenden "Allgemeinen Volkskongress". Dieser ernennt ein Regierungskabinett. Dessen Beschlüsse können aber jederzeit vom "Bruder Oberst" genannten Revolutionsführer Gaddafi kassiert oder revidiert werden.
Die "Volksrepublik" ist eine Diktatur
Offiziell firmiert Libyen als Volksrepublik, in der die Massen die Politik bestimmen. De facto ist es eine Diktatur, in der Meinungsfreiheit und Menschenrechte seit Jahrzehnten sträflich missachtet werden.
Libyen gehört neben Algerien zu den wichtigsten Öl- und Gaslieferanten Europas. Für Deutschland ist Libyen der drittwichtigste Energielieferant. Und Libyen ist auch in anderer Hinsicht für Europa von großer Bedeutung. Das nordafrikanische Land ist das wichtigste Sprungbrett für Flüchtlinge in Richtung Europa. In Libyen leben schätzungsweise eineinhalb Millionen illegale Einwanderer aus Schwarzafrika, von denen jährlich Tausende lebensgefährliche Überfahrten übers Mittelmeer riskieren, um in der EU Arbeit zu finden.
Europa arbeitet mit Gaddafi zusammen
Im vergangenen Jahr haben die EU und Libyen eine Zusammenarbeit bei der Migration vereinbart. Brüssel überweist jährlich rund 50 Millionen Euro nach Tripolis, für die Versorgung von Flüchtlingen in Libyen und schärfere Kontrollen an dessen Grenzen.