Johnson im Parlament "Niemand traut diesem Mann"
Eigentlich sind sowohl Regierung als auch Opposition für Neuwahlen. Doch Labour misstraut Johnson - vor allem beim Termin der Wahl. Deshalb droht dem britischen Premier die nächste Abstimmungsniederlage.
Die Tory-Rebellen, die gestern mit der Opposition gestimmt haben, spüren inzwischen die Konsequenzen. Sie werden aus der Partei ausgeschlossen, auch Rory Stewart. Er sagte in der BBC:
Die Nachricht kam per SMS. Das war ein erstaunlicher Moment. Erst vor ein paar Wochen habe ich gegen Boris Johnson um den Vorsitz der Konservativen Partei gekämpft und ich war im Kabinett. Das ist sehr schnell gegangen innerhalb der letzten sechs Wochen. Ich werde nun aus der Partei geschmissen und verliere auch meinen Sitz im Parlament.
Scharfe Drohung zeigt Wirkung
Letzten Endes hat dieser Druck wohl dazu geführt, dass die Zahl der Abweichler gestern Abend kleiner gewesen ist, als sie es sonst gewesen wäre, meint Stewart: "Es gibt mindestens 30 oder 40 Abgeordnete, die komplett unserer Meinung sind, aber die nicht mit uns gestimmt haben, auch weil diese Drohung schrecklich ist für die Leute."
Dabei gehe es nicht nur um die Angst, den Job und das Einkommen zu verlieren, sagt Stewart, sondern auch darum, dass die Abgeordneten eine große Loyalität ihrer Partei gegenüber empfänden.
Johnson droht die nächste Niederlage
Heute nun soll im Unterhaus über den Gesetzentwurf debattiert und entschieden werden. Bekommt der Entwurf eine Mehrheit, wird danach über Neuwahlen abgestimmt. Den Antrag hat die Regierung bereits eingebracht. Allerdings droht Boris Johnson hier die nächste Niederlage. Denn für die Ausrufung von Neuwahlen würde er die Stimmen der Labour-Abgeordneten benötigen.
Die werden aber wohl nicht mitziehen, obwohl sie grundsätzlich für Neuwahlen sind. Der Grund: Wenn erst einmal Neuwahlen beschlossen sind, kann der Premier den Termin dafür noch ändern. Und Labour befürchtet, dass Johnson den Wahltag dann in den November verschieben könnte, dass er also den 31. Oktober abwartet, um den Brexit sicherzustellen und erst dann wählen lässt.
"Er ist immer wieder unehrlich gewesen"
Der Labour-Abgeordnete Keir Starmer, der auch Schatten-Brexit-Minister ist, sagt über den Premier: "Niemand im Parlament traut diesem Mann. Das ist der wesentliche Unterschied zwischen ihm und Theresa May. Die Leute haben May vertraut. Er genießt gar kein Vertrauen, weil er immer wieder unehrlich gewesen ist."
Deshalb gelte: Wenn es Neuwahlen gebe, dann nach den eigenen Bedingungen, nicht nach Johnsons Bedingungen. Man werde nicht in eine Falle tappen, so Starmer. Bevor über diese Dinge heute im Unterhaus gestritten wird, wird sich Johnson aber noch der regulären, wöchentlichen Fragestunde im Parlament stellen. Auch dabei dürfte es laut werden.