Nach Wahl in Weißrussland EU setzt Sanktionen vorübergehend aus
Ab November kann Weißrussland mit der Aussetzung der Sanktionen gegen die Führung des Landes rechnen. Zwar hätten die Wahlen am Sonntag "nicht den internationalen Standards" entsprochen, sagte Außenminister Steinmeier nach einem Treffen mit seinen EU-Kollegen. Aber es gebe Veränderungen.
Nach der Präsidentschaftswahl in Weißrussland wird die EU ab November Sanktionen gegen die Führung des Landes zunächst aussetzen. Die Strafmaßnahmen würden nach ihrem bisher geplanten Auslaufen Ende Oktober zwar "vermutlich verlängert", ihre Anwendung aber "suspendiert", sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier nach einem Treffen mit seinen EU-Kollegen in Luxemburg. "Wir werden dann Anfang des Jahres beurteilen, ob sie auslaufen können." Frankreichs Europaminister Harlem Désir sagte sogar, die EU-Außenminister hätten bei ihrem Treffen bereits definitiv entschieden, die Sanktionen ab November zunächst für vier Monate auszusetzen.
Steinmeier sagte, zwar hätten die Wahlen am Sonntag "nicht den internationalen Standards" entsprochen, "die wir uns selbst setzen". Im Vergleich zu den letzten beiden Präsidentschaftswahlen habe es allerdings Veränderungen gegeben. Dabei gehe es einerseits um die Freilassung der politischen Gefangenen vor den Wahlen. Zudem sei beobachtet worden, "dass auf die Opposition keine offenbaren Repressalien ausgeübt worden sind und insbesondere im Vorfeld der Wahlen auf Gewalt verzichtet worden ist".
OSZE: Bedeutende Probleme bei der Auszählung
Eine erste Stellungnahme der Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) war jedoch kritisch ausgefallen: "Einige bedeutende Probleme, insbesondere bei der Auszählung und Auswertung der Stimmen, untergraben die Integrität der Wahl", erklärte der Leiter der Beobachtermission, Kent Harstedt, in Minsk. Es sei klar, dass das Land "noch einen langen Weg vor sich hat, um seine demokratischen Verpflichtungen zu erfüllen".
Staatschef Alexander Lukaschenko hatte die Präsidentschaftswahl in Weißrussland am Sonntag erneut klar gewonnen. Er erhielt laut Wahlkommission 83,5 Prozent der Stimmen. Ernstzunehmende Gegner hatte der seit 1994 autoritär regierende Lukaschenko nicht.
Gegen Lukaschenko und rund 175 Vertraute und Anhänger gelten derzeit von der EU verhängte Reise- und Vermögenssperren. Diese Sanktionen würden ohne Erneuerungsbeschluss automatisch Ende Oktober auslaufen.
Abgestufte Aussetzung soll Kontrolle ermöglichen
Durch die abgestuften Vorgehensweise mit einer Aussetzung und dann einer endgültigen Entscheidung über die Aufhebung der Sanktionen wolle die EU sicherstellen, dass die Entwicklung in Weißrussland nicht nur bis zur Wahl betrachtet werde, sagte Steinmeier. Die Europäer wollten gleichfalls beurteilen, wie die Regierungsbildung ablaufe und "wie Lukaschenko mit der Opposition umgeht".
Würden die Sanktionen tatsächlich ab November ausgesetzt, könnten Lukaschenko und die anderen Betroffenen schon dann in der EU eingefrorene Geld zurück in die Heimat transferieren, wie EU-Diplomaten bestätigten. Sie verwiesen aber darauf, dass es anders als im Falle der Ukraine relativ wenig Gelder aus Weißrussland in der Europäischen Union gebe.
Ausgenommen von der Sanktionsaussetzung werden laut EU-Kreisen vier Weißrussen, die beschuldigt werden, für das Verschwinden politischer Aktivisten verantwortlich zu sein. Sie blieben auf der EU-Sanktionsliste. Gleichfalls in Kraft bleibt das europäische Embargo zu Lieferungen von Waffen und Material, das zur Unterdrückung der Bevölkerung eingesetzt werden kann.