Grundsatzrede Macrons EU-Vision
Frankreichs Präsident Macron hat für die EU große Pläne: Mit einem Eurozonen-Haushalt, einem gemeinsamen Militär oder einheitlicheren Steuern soll die Gemeinschaft enger zusammenwachsen und zukunftsfähiger werden. Unterstützung bekam er vom EU-Kommissionspräsidenten Juncker.
Europa soll enger zusammenwachsen - das ist die Vision, die der französische Präsident für die Zukunft Europas zeichnet. Denn "das Europa, das wir kennen, ist zu langsam, zu schwach, zu ineffektiv", sagte Emmanuel Macron in seiner Rede vor Studenten der Pariser Universität Sorbonne.
Um dies zu ändern, braucht es seiner Ansicht nach eine "Neugründung eines souveränen, geeinten und demokratischen Europas". Erste Ideen hierfür lieferte Macron gleich mit und mahnte Reformen an, die die Mitgliedstaaten enger zusammenführen und die Gemeinschaft krisenfester und schlagkräftiger machen sollen.
In Räumen der Pariser Universität Sorbonne stellte Macron seine Vision von Europa vor
Macron fordert Eurozonen-Budget
Für die Eurozone forderte der Staatschef eine Haushaltsrevolution: Das gemeinsame Währungsgebiet brauche ein eigenes Budget. "Haben wir keine Angst, gehen wir voran", sagte der 39-Jährige. Der Haushalt könne zunächst durch höhere Steuerzahlungen großer Internetunternehmen und Steuern für den Klimaschutz finanziert werden. Später müssten auch die Staatshaushalte der Mitgliedsländer Beiträge leisten.
Der Präsident schlug in diesem Zusammenhang auch eine stärkere Vereinheitlichung der Steuerpolitik in der EU vor. Internetgiganten sollten dort besteuert werden, wo sie Einnahmen generieren und nicht dort, wo sie registriert sind, sagte Macron. Die Internetwirtschaft solle verstärkt europaweit reguliert werden. Eine europäische Agentur für Innovation könne Start-Ups ermutigen und Forschung finanzieren.
Gemeinsame Asylpolitik und Verteidigung
Auch in der europäischen Asylpolitik schweben ihm Änderungen vor: So schlug er eine gemeinsame Asylbehörde vor, wodurch Asylanträge schneller bearbeitet werden könnten. Zudem will der französische Präsident ein europäisches Programm, mit dem die Integration und Ausbildung von Flüchtlingen finanziert werden solle. Außerdem müssten die Einwanderungsgesetze harmonisiert und die EU-Außengrenzen besser geschützt werden.
Eine gemeinsame Interventionstruppe und ein gemeinsamer Verteidigungshaushalt sollen die EU nach dem Willen Macrons auch militärisch zusammenführen. Der französische Präsident forderte eine gemeinsame Verteidigungsstrategie, die bis Anfang der 2020er-Jahre definiert wird.
Deutschland schlug Macron eine noch engere Partnerschaft vor, die zum 55. Jahrestag des Élyséevertrags am 22. Januar 2018 besiegeln werden könnte.
Lob aus Brüssel und Berlin
Rückendeckung bekam Frankreichs Staatschef aus Brüssel und Berlin. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker lobte Macrons Rede als "sehr europäisch". "Europa braucht Mut. Vielen Dank für Ihre Unterstützung für die Arbeit der EU-Institutionen", schrieb Juncker auf Twitter. Europa brauche nun einen "Fahrplan", um voranzukommen. Juncker bekräftigte seinen Plan, vor den Europawahlen im Mai 2019 Entscheidungen über die EU-Reform zu treffen.
"Wir brauchen mutige Initiativen und den klaren politischen Willen, Europa zu reformieren", kommentierte der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, der CSU-Politiker Manfred Weber, auf Twitter. Der Fraktionschef der Liberalen, Guy Verhofstadt, schrieb: "So muss es sein! Lasst uns Europa voranbringen!"
Auch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel begrüßte Macrons Vorschläge für EU-Reformen. Der französische Staatschef habe ein "mutiges, ein leidenschaftliches Plädoyer gegen den Nationalismus und für Europa gehalten", erklärte Gabriel. Deutschland und Frankreich müssten die Chance nutzen, um die EU demokratischer zu machen und für die Zukunft besser aufzustellen. Bei EU-Reformen könne Macron auf Deutschland zählen.
FDP fordert solide Haushaltspolitik
Kritisch sah Macrons Pläne etwa FDP-Präsidiumsmitglied Alexander Graf Lambsdorff. Frankreichs Präsident vertraue zu sehr auf den Staat und neue Steuern. Europa werde nicht dadurch stärker, "dass wir weitere Geldtöpfe aufmachen, die den Anreiz für solide Haushaltspolitik schmälern." Das Problem in Europa sei nicht ein Mangel an öffentlichen Geldern, sondern der Mangel an Reformen, erklärte Lambsdorff und fügte hinzu: "Ein Eurozonenbudget würde genau solche falschen Anreize setzen."
Die FDP hatte sich bereits gegen einen gemeinsamen Haushalt der Eurozone ausgesprochen und dürfte dies auch bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen fordern.