Neuer Brexit-Plan Mays letzter Versuch
Die britische Premierministerin May hat einen neuen Brexit-Plan vorgelegt - und dabei ein eigenes Tabu gebrochen. Ob die Chance für ein neues Referendum die Abgeordneten überzeugt, ist aber offen.
Vor drei Jahren wurde Theresa May Premierministerin. Sie habe damals schon geahnt, dass der Brexit-Prozess schwierig werde - es sei dann aber noch schwieriger geworden, als sie es sich vorgestellt habe. Jetzt gehe es darum, die Blockade in der britischen Politik endlich zu durchbrechen: "Es geht jetzt darum, das Ergebnis des EU-Referendums anzuerkennen - und die Gelegenheit zu ergreifen, die direkt vor uns liegt."
Deshalb mache sie jetzt ein neues Angebot, um eine gemeinsame Grundlage im Parlament zu finden. "Das ist die einzige Möglichkeit, um den Brexit noch umzusetzen. Ich habe Kompromisse gemacht, jetzt fordere ich das Parlament auf, Kompromisse zu machen. Helfen Sie mir, einen Weg zu finden, den Auftrag des Volkes zu erfüllen."
May hat bereits ihren Rücktritt angekündigt, doch vorher will sie das Austrittsabkommen noch durchs Parlament bringen, im vierten Versuch, Anfang Juni. Sie lässt jetzt, bei ihrem letzten Versuch, den Abgeordneten viel Spielraum.
Tabu des zweiten Referendums gebrochen
Bisher hatte sie ein zweites Referendum immer strikt abgelehnt. Auch heute sprach sie sich dagegen aus. Doch will sie nun den Abgeordneten das letzte Wort darüber überlassen - sie werde dem Parlament eine Abstimmung darüber ermöglichen, ob das Austrittsabkommen am Ende noch den Bürgern in einem Referendum vorgelegt werde.
So weit war May bisher nie gegangen. Jetzt ist es nicht mehr die Regierung am Drücker, sondern das Parlament. Sagt das Unterhaus ja zu einem zweiten Referendum, dann würden die Briten die Möglichkeit bekommen, ihre Entscheidung von 2016 zu revidieren und den Austritt aus der EU abzusagen. Dem Vernehmen nach ist es darüber heute zu einer heftigen Auseinandersetzung im Kabinett gekommen.
Zugeständnisse gehen vielen zu weit
Mehrere Minister aus dem Lager der Brexiteers sollen entgeistert gewesen sein, dass May ein so weitgehendes Zugeständnis macht. Die Premierministerin macht allerdings die vorherige Zustimmung zum Austrittsabkommen zur Voraussetzung für eine neue Volksabstimmung. Sie legte gleichzeitig noch einen weiteren Köder aus. Die Regierung werde dem Parlament auch einen Kompromiss in der umstrittenen künftigen Zollpolitik vorlegen.
Zustimmung weiter offen
Die Labour-Opposition will, dass das Land nach dem Brexit in einer umfassenden Zollunion mit der EU bleibt. Die Regierung hat das bisher abgelehnt, um in Zukunft eine eigene Handelspolitik betreiben zu können. Auch hier werden die Abgeordneten jetzt entscheiden können.
Wie sie entscheiden, das ist allerdings offen. Bisher hatte es keine Mehrheit für ein zweites Referendum im Unterhaus gegeben, doch das könnte sich jetzt ändern. Nach monatelangem Stillstand kommt jedenfalls wieder Bewegung in die britische Politik. Der Grund dafür: Theresa May will nicht unverrichteter Dinge aus dem Amt scheiden.