Krieg im Kaukasus Putin und der tschetschenische Knoten
Der Aufstieg von Wladimir Putin zum russischen Präsidenten ist eng mit dem Konflikt in Tschetschenien verknüpft. Putin ordnete 1999 den erneuten Einmarsch russischer Truppen in die Kaukasusrepublik an. Durchschlagen konnte er den tschetschenischen Knoten damit aber nicht.
Nach dem ersten Tschetschenien-Krieg konnte sich Aslan Maschadow bei den Präsidentenwahlen im Frühjahr 1997 in der faktisch unabhängigen Kaukasusrepublik durchsetzen. Als Generalstabschef der tschetschenischen Verbände im Krieg gegen die Russen und moderater Moslem galt er für viele Tschetschenen als Hoffnungsträger für eine unabhängige Republik.
Neubeginn mit Schwierigkeiten
Maschadow gelang es jedoch nicht, das vom Krieg zerstörte Land politisch und wirtschaftlich zu stabilisieren: Zu unterschiedlich waren die Interessen der Clanchefs, zu spärlich floss die Wiederaufbauhilfe aus Moskau. Die desolate Wirtschaftslage verschlimmerte sich zusehends. Kriminelle Banden versetzten durch Entführungen und hohe Lösegeldforderungen die Menschen im Kaukasus in Angst und Schrecken.
Politisch erhielt der islamistische Fundamentalismus Zulauf - vor allem unter der desorientierten Jugend Tschetscheniens, die im Krieg gegen die Russen aufgewachsen ist.
Überfall auf Dagestan und Aufstieg von Wladimir Putin
Im Sommer 1999 überfiel der tschetschenische Feldkommandeur Schamil Bassajew mit seinen islamistischen Kämpfern einige Dörfer im benachbarten Dagestan, das ebenfalls zu Russland gehört. Dort rief er eine islamische Republik aus und verkündete das strenge islamische Recht, die Scharia.
Der altersschwache und kranke Präsident Boris Jelzin ernannte darauf hin den Ex-Geheimdienstler Wladimir Putin zum Ministerpräsidenten. Putin erklärte auch sogleich die Bekämpfung der Islamisten und Separatisten in Tschetschenien zu seiner wichtigsten politischen Aufgabe.
Die innenpolitische Lage in Russland verschärfte sich, als im September 1999 mehr als 300 Zivilisten durch Bombenanschläge auf russische Wohnhäuser starben. Für die russischen Behörden waren die Schuldigen schnell klar: Die Anschläge wurden tschetschenischen Terroristen zur Last gelegt. In Russland halten sich dagegen Gerüchte, dass der russische Inlandsgeheimdienst in die Terrorakte verstrickt sei.
Der zweite Tschetschenien-Krieg
Die Bombenanschläge und der Überfall auf Dagestan nahm die russische Führung zum Anlass, im Herbst 1999 wieder in Tschetschenien einzumarschieren. Die russischen Sicherheitskräfte vertrieben aufgrund ihrer massiven militärischen Übermacht die tschetschenischen Kämpfer in die schwer zugängliche Gebirgsregion im Süden des Landes. Von dort aus führen tschetschenische Gruppen aber bis heute einen brutalen Partisanenkrieg.
Eine Chance auf Frieden im Nordkaukasus?
Menschenrechtsgruppen kritisieren seit Kriegsbeginn das brutale Vorgehen der russischen Sicherheitskräfte gegen die tschetschenische Zivilbevölkerung. Die russische Führung versucht dagegen öffentlich das Bild von einer Rückkehr zum normalen Leben in Tschetschenien zu zeichnen.
Dazu betreibt der Kreml eine "Tschetschenisierung" des Konfliktes. Dazu gehörte auch die Installation Achmed Kadyrows als Präsidenten mittels einer Wahl unter zweifelhaften Umständen. Kadyrow wurde am 9. Mai 2004 bei einem Bombenanschlag getötet.
Alchanow will hart gegen Rebellen vorgehen
Ende August wurde der vom Kreml favorisierte Politiker Alu Alchanow zum neuen Präsidenten gewählt. Auch diese Wahl war von Maniplulationsvorwürfen begleitet. Alchanow kündigte ein hartes Vorgehen gegen die nach Unabhängigkeit strebenden Rebellen an. Am Wahltag hatte sich der Verdacht bestätigt, dass auf die wenige Tage zuvor fast zeitgleich abgestürzten Passagiermaschinen Terroranschläge verübt worden waren.
Ein Frieden im Nordkaukasus ist unter den herrschenden Bedingungen in weite Ferne gerückt.
Marc Schlaphoff, tagesschau.de