EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei Zypern macht den Weg frei
Die EU hat die formellen Beitrittsverhandlungen mit der Türkei begonnen - und das unter Schwierigkeiten. So äußerte etwa EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn Besorgnis über den "schwindenden Reformeifer" Ankaras, Österreichs Außenministerin Ursula Plassnik sprach von mangelnder Vertragstreue.
Wenige Stunden zuvor hatte Zypern im Streit um seine Anerkennung durch die Türkei eingelenkt und damit den Weg für Verhandlungen frei gemacht. Die Außenminister der EU mahnten Ankara, endlich die Zollunion auf sämtliche EU-Staaten einschließlich Zyperns auszudehnen.
Von Michael Becker, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Für den türkischen Außenminister Abdullah Gül war es eine Art Déjà Vu. Als die EU im Oktober vergangenen Jahres den Startschuss geben wollte für die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei saß Gül stundenlang in Ankara auf dem Flughafen. Die EU konnte sich nicht einigen und Gül wollte nicht nach Luxemburg kommen, bevor die Sache in trockenen Tüchern war.
Jetzt saß Gül wieder auf gepackten Koffern und wartete, dass die EU in Luxemburg zu Potte kommt. "Der arme Mann", meinte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. "Jedes Mal wenn er nach Luxemburg kommen will, dann haben die Türken ein Problem."
Zypern wollte die Notbremse ziehen
Das Problem diesmal: Eigentlich sollten die Beitrittsverhandlungen mit den Türken heute richtig losgehen - über das erste von insgesamt 35 Verhandlungskapiteln. Aber Zypern wollte die Notbremse ziehen. Die Türkei hat das EU-Land Zypern noch immer nicht anerkannt - und die Zyprer wollten die Gunst der Stunde nutzen, um der Türkei die Pistole auf die Brust zu setzen.
Die anderen 24 EU-Länder meinen zwar auch, dass die Türkei Zypern anerkennen muss - doch sollte man das nicht mit der Brechstange erzwingen - so die einhellige Meinung. Auch Bundesaußenminister Frank Walter Steinmeier wollte nicht, dass die Beitrittsverhandlungen mit den Türken deshalb gestoppt werden: „Das wäre ein negatives Signal in die Türkei hinein."
Am Ende ließ sich der zyprische Außenminister George Iacovou überzeugen. Es bleibt beim bisherigen Fahrplan: Die Türkei muss ihr Verhältnis zu Zypern bis zum Herbst normalisieren.
Die Türkei weigert sich Zypern anzuerkennen
Zypern ist geteilt, seitdem die Türkei vor gut 30 Jahren den Nordteil der Insel besetzt hatte. Nur die griechische Republik Zypern, der Südteil der Insel, ist vor zwei Jahren in die EU aufgenommen worden. Noch immer weigert sich die Türkei Zypern anzuerkennen. Nach wie vor dürfen zypriotische Schiffe keine türkischen Häfen anlaufen und Flugzeuge nicht in der Türkei landen.
Die EU ließ keinen Zweifel daran, dass die Uhr läuft - im Herbst muss das Problem gelöst sein. „Wir müssen jetzt schauen, dass wir den Türken genau sagen, dass es im Herbst ernst wird, auf die Pflichten, die die türkische Seite hat, hinweisen“, meint Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn.
Sollte die EU die Beitrittsverhandlungen unterbrechen, werde die türkische EU-Politik künftig ganz anders aussehen, drohte im Gegenzug der türkische Premierminister Erdogan in Ankara. Außenminister Gül werde nicht nach Luxemburg kommen, wenn die EU kein grünes Licht gibt.
Jetzt kann er kommen - Gül wird noch heute in Luxemburg erwartet. Eigentlich wollte er mit seinen EU-Kollegen darauf anstoßen, dass die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei jetzt richtig losgehen. Die Feierstimmung dürfte ihm aber vergangen sein.