Einigung über EU-Grundlagenverträge "Keine Poesie, aber wirksame Prosa"
Nach dem Kompromiss über den EU-Grundlagenvertrag haben sich die Staats- und Regierungschefs überwiegend positiv geäußert. Besonders Kanzlerin Merkel zeigte sich sehr zufrieden. EU-Kommissionspräsident Barroso sagte, der Entwurf sei "nicht immer Poesie, aber er sollte eine wirksame Prosa sein.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich zum Abschluss des Brüsseler Gipfels "sehr zufrieden" mit dem Kompromiss der 27 Staats- und Regierungschefs über die EU-Reformen gezeigt. Merkel sagte am frühen Morgen, der Reformvertrag, der auf den Weg gebracht wurde, sei "ein wichtiger Fortschritt, der die EU handlungsfähig machen wird". Sie räumte ein, dass eine "ganze Reihe von Zugeständnissen gemacht" worden seien, unter anderen an Polen. Die Kompromissbereitschaft sei "bis ans Ende ausgereizt" gewesen. "Was zählt ist, dass wir aus der Erstarrung, aus dem Stillstand herausgekommen sind und die Weichen für einen neuen Vertrag gestellt haben", sagte Merkel.
Auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sprach von einem Erfolg, den viele bis zuletzt für unmöglich gehalten hätten. "Dieser Gipfel sendet eine klare Botschaft an unsere Bürger. Sie wollen politisches Handeln, sie wollen Ergebnisse", sagte Barroso. Die Handlungsfähigkeit der EU sei nun sichergestellt. Befragt zur Verständlichkeit des EU-Vertragsentwurfes sagte er: "Der Text ist nicht immer Poesie, aber er sollte eine wirksame Prosa sein."
"Zufrieden stellend - mehr nicht"
Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker zeigte sich hingegen wenig zufrieden. "Ich bin überzeugt, dass der Verfassungsvertrag wesentlich besser war. Was jetzt herausgekommen ist, ist zufrieden stellend, mehr nicht." Er bezeichnete den neuen Grundlagenvertrag als "einen vereinfachten komplizierten Vertrag". Juncker sagte weiter, die Verhandlungen mit Polens Präsident Lech Kaczynski und dessen in Warschau gebliebenem Bruder, Premierminister Jaroslaw Kaczynski, seien "sehr schwierig" gewesen. "Aber schließlich haben wir eine Einigung organisieren können. Das war eine Zwillingserfahrung."
"Ich möchte gerne schlafen."
Präsident Kaczynski freute sich über die Einigung. Er gestand ein, er sei mit "ungeheurer Anspannung" nach Brüssel gefahren: "Es gab dramatische Momente." Die polnischen Vorbehalte seien "in hohem Maße" berücksichtigt worden, sagte Kaczynski. Die Ergebnisse für Polen im Hinblick auf das Abstimmungsverfahren in der EU seien "besonders ermutigend". Angesprochen auf die hartnäckige Verhandlungsführung der polnischen Delegation sagte der Präsident, sein Land wolle niemandem etwas auferlegen. "Aber es will auch nicht, dass man ihm etwas auferlegt." Kaczynski lobte ausdrücklich die "ausgesprochen freundschaftliche Haltung von Kanzlerin Merkel". Zugleich dankte er "unseren Freunden Frankreich und Großbritannien".
"Text von Fußnoten entstellt"
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hob hervor, dass Polen nicht isoliert worden sei. "Wir haben unsere Arbeit gemacht, ohne jemand zurückzulassen", sagte er. Sarkozy hob auch die Anstrengungen des britischen Premierministers Tony Blair hervor. Auch der spanische Regierungschef José Luis Rodriguez Zapatero habe viel Arbeit im Sinne von Merkel geleistet. "Wir haben Hand in Hand gearbeitet." Der belgische Premier Guy Verhofstadt sagte: "Ich denke, den Kern der Verfassung haben wir zu bewahren gewusst. Mit diesem Vertrag wird man besser arbeiten als in der Vergangenheit." Allerdings sei der Text von zahlreichen Fußnoten und Protokollen entstellt. Wichtig sei der Erhalt der Grundrechte-Charta mit bindender rechtlicher Wirkung, sagte Verhofstad.