Ende des "libyschen Aids-Prozesses" Was bekam Libyen für die Freilassung?
Die EU und Frankreich bestreiten, die sechs freigelassenen Mediziner aus Libyen freigekauft zu haben. Man habe Libyen nur eine bessere Kooperation angeboten. Frankreichs Präsident Sarkozy reist heute nach Libyen, um die "neuen" Beziehungen zu Tripolis zu sondieren.
Libyen hat mit der Freilassung der fünf bulgarischen Krankenschwestern und des Arztes, die in einem höchst umstritten Gerichtsverfahren in Libyen verurteilt worden waren und nach acht Jahren Haft das Land verlassen durften, beim Westen gepunktet. Der Weg für bessere Beziehungen sei für Libyen nun frei, sagte US-Außenministerin Condoleezza Rice. Die Freilassung sei ein wichtiger Schritt des Landes auf seinem Weg, sich verstärkt in die internationale Gemeinschaft einzubringen, so die US-Außenministerin.
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy will bereits heute nach Tripolis reisen, um eine weitere Normalisierung der Beziehungen zu Libyen einzuleiten. Frankreich hat wirtschaftliche Interessen in der Region. Und Sarkozy hatte bereits nach seiner Wahl ein engeres Zusammenrücken der Staaten rund um das Mittelmeer angekündigt. Das wiederum geht nur mit dem libyschen Revolutionsführer Muammar al Gaddafi, dessen Land bisher allerdings nicht einmal bei regionalen Treffen mit der EU - dem so genannten Barcelona-Prozess - dabei ist. Das könnte sich nach der Freilassung der Bulgaren nun ändern.
Verhandlungen in Libyen
In den vergangenen Tagen hatten sich EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner, Cécilia Sarkozy, die Frau des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy, und der Generalsekretär des Elyséepalastes, Claude Guéant, intensiv um eine Ausreise der sechs Mediziner bemüht. Ferrero-Waldner betonte, die Rückkehr der Frauen nach Bulgarien sei durch die "gemeinsamen Bemühungen" der Europäischen Union ermöglicht worden.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso versicherte zudem, dass die EU die Freilassung nicht erkauft habe. "Wir haben unsere finanziellen Leistungen nicht erhöht." Zugleich dankte er dem Emir von Katar, Scheich Hamad bin Khalifa Al-Thani. Dieser habe nicht nur vermittelt, sondern "auch einen zusätzlichen humanitären Beitrag aufgebracht", sagte Barroso. Libyens Außenminister Abdelrahman Schlagham widersprach allerdings dieser Darstellung. Die EU und Frankreich hätten sehr wohl Geld gezahlt. Auch sei ein Kooperations- und Partnerschaftsabkommen bereits unterzeichnet.
"Größtmöglicher Marktzugang" für Libyen
Die EU selbst bestätigte, sie habe Libyen für die Freilassung umfangreiche Hilfe und Zusammenarbeit angeboten. Laut EU-Kommission soll Libyen "größtmöglichen Marktzugang" für Agrar- und Fischereiprodukte in der EU bekommen. Die EU wolle bei der Restaurierung und archäologischen Erforschung von Kulturstätten helfen.
Auch solle ein Grenzüberwachungssystem für die libyschen Land- und Seegrenzen geliefert und aufgebaut werden. Die illegale Auswanderung solle damit "auf Kosten der EU" bekämpft werden. Außerdem seien Stipendien für libysche Studenten in allen Fachbereichen von EU-Universitäten vorgesehen. Libyer sollen künftig von der EU Visa für alle Schengen-Staaten bekommen, EU-Bürger sollen ohne Visa nach Libyen reisen können, hieß es weiter.