Hintergrund Kongo - reiches, armes Land
Ginge es nur nach den Bodenschätzen, könnte die Demokratische Republik Kongo zu den reichsten Ländern Afrikas gehören. Gerade Bodenschätze aber sind Gründe, weshalb Kongo nicht zur Ruhe kommt. Jahrelange Konflikte um die Reichtümer haben Land und Menschen ausgezehrt.
Der Konflikt in der Demokratischen Republik Kongo wird von der UNO als der schlimmste Konflikt der Gegenwart bezeichnet. Alleine in den letzten vier Jahren sind mindestens 2,5 Millionen Menschen in den Kämpfen umgekommen, eine halbe Million sollen auf der Flucht sein. Die UNICEF befürchtet, dass die derzeitigen Unruhen einen neuen Völkermord zur Folge haben könnten, ähnlich dem von Ruanda 1994. Damals wurden binnen weniger Wochen 800.000 Menschen getötet. Tatsächlich handelt es sich in Kongo, wie in Ruanda, nur oberflächlich um einen Konflikt zwischen verschiedenen Ethnien. Dahinter verbergen sich Machtkämpfe einer Vielzahl von Gruppierungen um politischen Einfluss und Rohstoffe. In Kongo gibt es neben anderen Bodenschätzen vor allem Gold, Öl, Diamanten und die reichhaltigsten Kobaltvorkommen der Welt.
Der zersplitterte Kongo
Die Demokratische Republik Kongo ist fast siebenmal so groß wie Deutschland. Seit 1960 ist das Land unabhängig von der ehemaligen Kolonialmacht Belgien. Bis zu seinem Tod 1997 prägte die Diktatur des Generals Mobutu Sese Seko das Land. Ihm folgte Laurent Kabila, der 2001 bei einem Anschlag getötet wurde. Heute regiert Kongo und seine rund 50 Millionen Einwohner zwar eine Zentralregierung, die Herrschaftsbereiche des Landes sind jedoch zersplittert. Fast jede mittelgroße Stadt besitzt ihre eigene Miliz mit einem eigenen Warlord. Die Autorität der Zentralregierung unter Präsident Joseph Kabila, dem Sohn von Laurent Kabila, reicht nicht bis in jede der Provinzen. Dies wird vor allem im Krisendistrikt Ituri mit der Hauptstadt Bunia nordwestlich der Großen Seen deutlich. Hier kämpften in den vergangenen Jahren nicht nur kongolesische, sondern vor allem auch ugandische und ruandische Gruppen um Einfluss.
Stellvertreterkrieg um Rohstoffe
Dass sich die Kämpfe auf die Provinzen Kivu und Ituri im Osten Kongos konzentrieren, ist kein Zufall. Hier gibt es reichhaltige Rohstoffvorkommen, vor allem Öl. Insgesamt leben in Ituri sechs verschiedene Volksgruppen, von denen sich zwei bekriegen: Lendu und Hema. Während Lendu überwiegend Ackerbauern sind, züchtet die Minderheit der Hema traditionell Vieh. Seit einer Landreform 1973 schwelten erste Konflikte um Ackerland und Weidegründe. 1998 brach der kongolesische Bürgerkrieg aus, als sich in Ostkongo Widerstand gegen den Präsidenten Laurent Kabila formte. Fast alle Nachbarstaaten Kongos beteiligten sich an dem Konflikt und unterstützten wechselseitig verschiedene Milizen der Lendu und Hema, aber auch Milizen anderer Stämme. Der Bürgerkrieg war vor allem ein Stellvertreterkrieg der Nachbarstaaten. Die Vielzahl der beteiligten Akteure ließ die damalige US-Außenministerin Madeleine Albright vom "ersten afrikanischen Weltkrieg" sprechen.
Friedensverhandlungen mit den Rebellen
2002 wurde ein Friedensvertrag unterzeichnet und eine UN-Mission (MONUC) nach Kongo entsandt. Ituri schien durch Kabila befriedet. Uganda und Ruanda zogen sich aus Kongo zurück, setzten ihre Unterstützung der verfeindeten Milizen aber fort. Die Lendu werden von Uganda gefördert. Ruanda unterstützt die bewaffneten Arme der Hema, die Union der Kongolesischen Patrioten (UPC) und die RCD, die größte Rebellengruppe im Osten Kongos. Daneben gibt es weitere Milizen und Untergruppen wie PUSIC, FPDC und FAPC.
Seit dem 24. Februar sind die Kämpfe wieder offen ausgebrochen. Parallel bemüht sich Präsident Kabila um einen Friedensschluss mit der größten Rebellenbewegung RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie). Kabila ist auf die RCD angewiesen, da die kongolesische Regierungsarmee zu schwach ist, um Ituri unter Kontrolle zu bringen.
Der Konflikt ist vor allem durch Grausamkeiten an der schutzlosen Zivilbevölkerung geprägt. Kindersoldaten marodieren durch Städte und Dörfer, mit Macheten werden Menschen verstümmelt und enthauptet. In Kongo kann keine Kriegspartei mehr Sicherheitsgarantien vergeben.