Merkel-Besuch bei Putin Verbunden durch Nord Stream 2
Beim Treffen in Sotschi finden Kanzlerin Merkel und Russlands Präsident Putin ein gemeinsames Ziel: die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2. Differenzen gibt es bei der Ostukraine und Syrien.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und der russische Präsident Wladimir Putin wollen am Projekt Nord Stream 2 festhalten. Das bekräftigten beide beim Treffen im Sotschi am Schwarzen Meer - und versicherten, dass die Ukraine ihren Status als Transitland für russisches Erdgas nicht verlieren solle.
"Unsere Überzeugung ist, dass auch nach dem Bau von Nord Stream 2 die Transitrolle der Ukraine weiter bestehen muss", sagte Merkel - die Frage sei, welche Garantien man der Ukraine geben könne.
Die Regierung in Kiew befürchtet nach dem Bau der Pipeline, die Gas durch die Ostsee nach Deutschland und von dort in andere EU-Länder transportieren soll, Einnahmen aus der Transitgebühr zu verlieren. Sie befürchtet auch, dass Russland der Ukraine ungehindert den Gashahn zudrehen könnte, um politische Forderungen durchzusetzen.
Putin sagte, Russland habe nicht die Absicht, nach dem Start von Nord Stream 2 den Transit durch ukrainisches Territorium zu beenden. Russland werde die Gaslieferungen über die Ukraine fortsetzen, "solange diese wirtschaftlich gerechtfertigt sind".
Mögliches UN-Mandat für die Ostukraine
Bei ihrem ersten Besuch in Russland seit etwa einem Jahr fand Merkel noch eine weitere Gemeinsamkeit mit Russland, die die Ukraine betrifft: Beide seien sich in der Absicht einig, Pläne für eine mögliche UN-Mission in der Ostukraine voranzutreiben. Klare Differenzen gibt es jedoch in der Frage, wie diese aussehen soll: "Ich glaube, der nächste Schritt sollte sein, sich mit der UN-Mission zu beschäftigen und zu schauen, ob es uns gelingt, ein gemeinsames Mandat hinzubekommen, das man in den UN-Sicherheitsrat einbringen kann", sagte Merkel. Die aktuelle Situation sei absolut nicht zufriedenstellend.
Putin selbst hatte vergangenes Jahr einen möglichen Einsatz von Blauhelmsoldaten in der Ostukraine ins Spiel gebracht, wo seit 2014 die ukrainische Armee gegen prorussische Separatisten kämpft. In dem Konflikt gab es bislang 10.000 Tote, zwei unter den Namen "Minsk I" und "Minsk II" bekanntgewordene Friedensabkommen sind bis heute nicht umgesetzt. Russland möchte einen Einsatz jedoch stark begrenzen und keinesfalls bis zur russischen Grenze ausdehnen. Putin sagte in Sotschi, die Außenminister Deutschlands und Russlands seien beauftragt worden, Ansätze für eine mögliche Mission auszuarbeiten.
Merkel fordert: Enteignung in Syrien verhindern
Uneins waren sich Merkel und Putin bei der Bewertung des Dekrets Nummer Zehn in Syrien: Darin sieht der von Russland unterstützte syrische Präsident Baschar al-Assad vor, dass Menschen, die sich nicht vor Ablauf einer Frist in Syrien melden, enteignet werden können. Merkel bezeichnete dies als "sehr schlechte Nachricht" für rückkehrwillige Flüchtlinge und forderte Russland auf, in der Frage seinen Einfluss auf die Assad-Regierung geltend zu machen.
Putin hatte Assad am Tag vor dem Treffen mit Merkel überraschend in Sotschi empfangen. Er fordert eine Entpolitisierung des Wiederaufbaus. Seit längerem kritisiert Russland die Haltung Europas, Syrien nur humanitäre Hilfe bereitzustellen und sich nicht an der Finanzierung des Wiederaufbaus beteiligen zu wollen, solange Assad an der Macht ist.
Deutliche Kritik äußerte Merkel beim Thema Pressefreiheit in Russland, das in weniger als einem Monat die Fußball-WM ausrichten wird: Sie sei "durchaus beunruhigt" über die Behinderung der Arbeit von Journalisten - "in speziellen Fällen" habe sie darum gebeten, "die Dinge noch einmal zu betrachten". Kürzlich war das Pressevisum des ARD-Sportreporters Hajo Seppelt für ungültig erklärt worden - erst nach Intervention der Bundesregierung in dem Fall hob Russland das Einreiseverbot für den Investigativjournalisten auf.