Hosni Mubarak im Porträt Dauer-Herrscher mit verzerrtem Selbstbild
Ein Staatsdiener, der sein Land liebt und alles für dessen Wohlstand tut - so sieht Ägyptens Präsident Hosni Mubarak sich selber. Die Mehrheit seiner Landsleute teilt diese Ansicht jedoch nicht. Sie gehen auf die Straßen, um ihren Präsidenten zu stürzen.
Von Esther Saoub, ARD-Hörfunkstudio Kairo
30 Jahre lang nannte man ihn den Pharao, weil er allein herrschte und hart regierte. Präsidentschaftswahlen in Ägypten boten über Jahrzehnte nur zwei Möglichkeiten, das Kreuz zu machen: Ja oder Nein, der Kandidat war klar. Erst im Herbst 2004 fand sich eine kleine Gruppe Ägypter zusammen, die "kifaya" rief - "es reicht!"
Sie setzte durch, dass im Frühjahr 2005 die Verfassung geändert wurde und erstmals eine Gegenkandidatur möglich war. Doch die Bedingungen für eine solche Kandidatur waren kaum erfüllbar, und der amtierende Präsident konnte noch immer so oft antreten, wie er wollte. Also gewann Hosni Mubarak auch 2005 die "Wahl" mit überwältigender Mehrheit, wie es hieß. Die Mehrheit der Bevölkerung blieb allerdings zuhause, die meisten Ägypter wählten gar nicht.
Späte Erkenntnis
Der Präsident aber sieht sich als Diener des Volkes: "Ich werde mit euch den Weg in die Zukunft gehen, ich trage die Verantwortung und die Last - solange in meiner Brust ein Herz ist, das schlägt, und eine Lunge, die atmet."
Es hat lange gedauert bis Mubarak begriff, dass seine geliebten Bürger ihn eigentlich gar nicht mehr haben wollen. Erst als sie zu Hunderttausenden im Stadtzentrum saßen und trotz massiver Gewalt seinen Rücktritt forderten, bewegte sich der 82-jährige Herrscher: "Ich sage ganz aufrichtig und im Hinblick auf die derzeitigen Umstände, dass ich nicht für eine weitere Amtszeit kandidieren werde. Ich habe genug Zeit meines Lebens Ägypten und seinem Volk gedient."
Nach außen der Freund, nach innen der Feind
Als Mubarak das Präsidentenamt übernahm - Hals über Kopf, nach der Ermordung seines Vorgängers - war Ägypten vollkommen isoliert in der Region. Er hat das Land am Nil wieder in die arabische Welt zurückgebracht, ohne den Friedensvertrag mit Israel zu kündigen - das ist sein großes Verdienst.
Mubarak ist einer der wenigen arabischen Staatschefs, die mit allen Seiten des Nahostkonflikts in Verbindung stehen. Das hat ihm international ein hohes Ansehen verschafft, im eigenen Land allerdings wenig genutzt. Die von ihm forcierte wirtschaftliche Öffnung machte ihm zwar viele Freunde, nämlich alle diejenigen, die davon profitierten. Die Mehrheit der Ägypter jedoch ging leer aus und wandte sich immer weiter von ihm ab.
Mit seiner Reaktion auf die Demonstrationen hat er sein Ansehen endgültig verspielt. Der massive Einsatz der Polizei hat das Innenministerium diskreditiert. Die angeheuerten Schläger haben ihre Auftraggeber in der Partei und in der Geschäftswelt in Verruf gebracht.
Schimpftiraden nach Lobeshymnen
Der Ton gegen Mubarak ist immer schärfer geworden. Von seinen Verdiensten als Luftwaffengeneral im Oktoberkrieg von 1973 ist keine Rede mehr. Stattdessen steht nun "Fuck Mubarak" auf einer der Nilbrücken; an einem Laternenmast auf dem Befreiungsplatz baumelt eine erhängte Puppe.
Selbst in der Provinz Menoufia nördlich von Kairo, wo Muhammad Hosni Mubarak am 4. Mai 1928 geboren wurde, gehen inzwischen die Leute auf die Straße. Als in Kairo Millionen Ägypter in den Straßen standen, forderten in Menoufia immerhin 40.000 den Rücktritt des Präsidenten.
Vielleicht drückte Mubarak deshalb am 1. Februar - nach dem ersten "Marsch der Millionen" - auf die Tränendrüse: "Ägypten ist meine geliebte Heimat, wie es die Heimat aller Ägypter ist. Hier habe ich gelebt, für dieses Land habe ich gekämpft, seinen Boden und seine Güter habe ich verteidigt. Ich werde auf ägyptischer Erde sterben."
Mubarak bedeutet wörtlich übersetzt "gesegnet". Auf einer der Betonbarrieren in Kairos Innenstadt wird das Wort bereits in dieser Bedeutung verwendet: "Masr Mubarak" steht da, "gesegnetes Ägypten". Um den Präsidenten geht es dabei schon lange nicht mehr.