Muscharraf in Brüssel Europäischer Argwohn gegen Demokratieschwüre
Pakistans Präsident Pervez Muscharraf steht unter hohem politischen Druck - spätestens seit dem Mord an Oppositionsführerin Benazir Bhutto. Im eigenen Land, aber auch in Europa begegnet man dem Machthaber Pakistans mit Misstrauen. So auch gestern, als Muscharraf zum Auftakt seiner Europareise zu Gast bei der EU in Brüssel war.
Von Christopher Plass, ARD-Hörfunkstudio Brüssel
Wirklich gute Freunde werden in Brüssel herzlicher empfangen: Man merkte dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana die Befangenheit an, als er mit Pakistans Präsident Pervez Muscharaf kurz vor die Presse trat. Denn Solana gibt sich bei solchen Gelegenheiten häufig kumpelhaft, bei dem Gast aus Pakistan hielt sich die Freundlichkeit allerdings in Grenzen. Man habe "offen" alle wichtigen Fragen angesprochen, betonten beide.
Für die EU ist dabei vor allem eines zentral: Die verschobenen Wahlen am 18. Februar müssen sauber sein. "Sie wissen, dass Beobachter der EU vor Ort sein werden. Es wird sehr wichtig sein - und die Botschaft haben wir dem Präsidenten deutlich vermittelt - dass die Wahlen frei, fair und sicher stattfinden müssen", sagte Solana. Danach müsse eine Regierung nach dem Willen des Volkes eingesetzt werden. Und der Prozeß der Reformen müsse vorangehen - wirtschaftlich, aber auch mit Blick auf Rechtsstaatlichkeit.
Dünner Applaus für den Gast aus Pakistan
Auch in einem Meinungsaustausch mit EU-Abgeordneten wurde deutlich, dass die Europäer hier dem mächtigen Präsidenten von Pakistan nicht trauen. Nur dünner Applaus begrüßte den Gast des Hauses, der Unterton der Fragen war kritisch. Rund 100 Wahlbeobachter der EU sollen einen fairen Verlauf der Parlamentswahlen garantieren helfen. Aber unter den Abgeordneten wird natürlich darauf hingewiesen, dass Medien behindert werden, dass das Justizsystem nicht funktioniere, dass Korruption herrsche und den Machtapparat Muscharrafs stützen helfe.
Der Gast aus Pakistan war dagegen die Freundlichkeit in Person. Er wollte bei EU und Nato vor allem eine Good-Will-Aktion starten, sich als Freund demokratischer Verhältnisse präsentieren. So versprach er denn auch "faire, friedliche und transparente Parlamentswahlen" und bot sich den Europäern als verlässlicher Verbündeter an. Wobei er allerdings einen anderen Schwerpunkt setzte als die Europäer: "Es gibt die Verpflichtung Pakistans, dass der Kampf gegen Terrorismus und Extremismus weiter geht - und zwar mit aller Entschlossenheit. Die Zusammenarbeit mit der EU und der Isaf ist gewährleistet", machte Muscharraf klar. Und außerdem versicherte Pakistans Machthaber, es gebe keine Gefahr, dass pakistanische Atomwaffen in die falschen Hände gelangen könnten.
Europa ist auf Pakistan angewiesen
Die Europäer müssen Muscharraf unterstützen, ob sie wollen oder nicht. Pakistan ist Schlüsselmacht in der Region, über Pakistan - darauf weist man bei der Nato stets hin - läuft der Nachschub für die Nato-gestützte Isaf-Schutztruppe in Afghanistan. Die USA haben Pakistan Militärberater zugesagt. Am Nachmittag beriet Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer mit Muscharraf die militärische Situation in der Konfrontation mit den Taliban und anderen Extremisten in der Region.
Muscharraf warb bei der EU aber auch für Handelserleichterungen. Sein Land bekommt aus Brüssel bis 2010 rund 200 Millionen Euro vor allem für den Ausbau des Bildungssystems. In den nächsten Tagen wird der pakistanische Präsident in Paris und London erwartet - und will schließlich auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos als "good guy" für sich werben. Ähnlich wie in Brüssel wohl unter besonders scharfen Sicherheitsvorkehrungen.