Russischer Angriff auf Ukraine NATO aktiviert Verteidigungspläne
Die NATO will ihre Streitkräfte zum Schutz der Bündnispartner im Osten verstärken. Außerdem hat die Allianz ihre Verteidigungspläne aktiviert, um eine schnelle Truppenbewegung zu ermöglichen - nicht aber in die Ukraine.
Wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine hat die NATO auf Antrag der Militärführung ihre Verteidigungspläne aktiviert. Damit kann die Führung unter US-General Tod Wolters nun zusätzliche Truppen und andere Einheiten anfordern. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte nach einer Dringlichkeitssitzung der 30 NATO-Botschafter in Brüssel, im Notfall könne auch die Eingreiftruppe NATO Response Force (NRF) eingesetzt werden. Sie umfasst bis zu 40.000 Soldaten.
Die Gefahr, dass sich der russische Krieg gegen die Ukraine auf das Bündnisgebiet ausweitet, sieht Stoltenberg aber nicht. "Solange Russland weiß, dass ein Angriff auf einen NATO-Verbündeten eine Antwort des gesamten Bündnisses auslöst, werden sie nicht angreifen."
Keine Truppen in die Ukraine
Um die Abschreckung zu verstärken, werde man aber zusätzliche Truppen an die Ostflanke schicken, sagte Stoltenberg. Die Allianz werde alles Erforderliche tun, um ihr Territorium zu schützen. Mehr als 100 Kampfjets seien in höchster Alarmbereitschaft, um den Luftraum des NATO-Gebiets zu überwachen.
Die Maßnahmen seien präventiv, verhältnismäßig und nicht eskalierend und sollten es bleiben. In der Ukraine selbst, die kein Mitglied ist, seien keine NATO-Truppen und es gebe auch keine Pläne, welche zu entsenden, so Stoltenberg.
Frieden in Europa zerstört
Stoltenberg warf Russland vor, einen Krieg gegen die Ukraine begonnen zu haben. Damit habe Russland den Frieden auf dem europäischen Kontinent zerstört, erklärte er. Den russischen Einmarsch in die Ukraine bezeichnete er als "brutalen kriegerischen Akt". "Dies ist eine vorsätzliche, kaltblütige und von langer Hand geplante Invasion", sagte der Norweger.
"Wir haben jetzt einen Krieg in Europa in einem Ausmaß und einer Art, von der wir dachten, sie gehöre der Vergangenheit an." Stoltenberg sprach von "einer neuen Normalität für unsere Sicherheit". Der NATO-Generalsekretär fügte hinzu: "Frieden ist keine Selbstverständlichkeit."
Lambrecht: Werden NATO-Ostflanke verstärken
Auch die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht kündigte als Konsequenz aus dem Vorgehen Russlands weitere Maßnahmen Deutschlands zur Stärkung der NATO-Ostflanke an. Sie gehe fest davon aus, dass der NATO-Oberbefehlshaber für Europa an Deutschland weitere Anforderungen stellen werde, um die Ostflanke des Bündnisses zu verstärken, sagte die SPD-Politikerin nach einer Sitzung des Verteidigungsausschusses des Bundestags. "Wir werden diesen Anforderungen dann auch nachkommen."
Die Bundesregierung bereite sich schon jetzt auf die Anfrage vor, damit diese dann schnellstmöglich umgesetzt werden könne, sagte Lambrecht. "Das ist ein wichtiges Signal. Die Allianz darf und muss nicht nur in Worten geschlossen sein, sondern dann auch in Taten." Man habe von Russland "einen Bruch des Völkerrechts" und "einen brutalen Angriffskrieg ohne jedweden Anlass" erlebt, kritisierte die Ministerin. Es werde sich die Frage stellen, ob und wie die Zusammenarbeit mit Moskau künftig aussehen könne. "Wenn so ein Verstoß gegen das Völkerrecht vorliegt wie heute, unter Inkaufnahme von unermesslichem Leid, dann wird vieles in Frage gestellt."
Litauen verhängt Ausnahmezustand
Besonders östliche Mitgliedsländer der NATO fürchten, nach der Ukraine zum Ziel russischer Expansionspläne zu werden. Während des Treffens leiteten Bulgarien, Tschechien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien und die Slowakei dringende Konsultationen gemäß Artikel 4 des NATO-Gründungsvertrags ein. Die geschieht, wenn "die territoriale Integrität, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit einer der (NATO-)Parteien bedroht ist".
In Lettland sind bereits US-Truppen zur Verstärkung der NATO-Ostflanke eingetroffen. Ein Kontingent von etwa 40 amerikanischen Soldaten kam in der Nacht zum Donnerstag an, wie das Verteidigungsministerium in Riga mitteilte. Insgesamt sollen mehr als 300 US-Soldaten nach Lettland verlegt werden. Litauen verhängte den Ausnahmezustand und schickte Truppen an die Grenzen. Die Soldaten sollten diese vor möglichen Störungen und Provokationen wegen der starken Militärpräsenz in Belarus und Russland schützen, erklärte Präsident Gitanas Nauseda.